Ostern 2019

O

Mensch wo bist Du?

Gott sucht uns:

Wenn wir uns verstecken

wie Adam und Eva

Weil wir wissen:

Wir haben Mist gebaut

Gott sucht uns:

Wenn er in unserem Alltag nicht vorkommt

weil wir glauben,

dass das normale Leben

eben nun mal nicht christlich sein kann

Gott, wo bist Du?

Wir finden ihn nicht:

Wenn unser Leben nicht nach Plan läuft

Wenn wir Menschen verlieren

Freundschaften zerbrechen

Partnerschaften nicht mehr tragfähig sind

Gott wo bist Du?

Wir finden ihn nicht

Wenn wir das Elend dieser Welt anschauen

Wenn wir nicht wissen,

wie wir mit den Flüchtlingen umgehen sollen

Mein Gott warum hast Du mich verlassen?

Fragt Jesus, selbst Gott und doch ganz Mensch

am Kreuz in Todesnot

Wo ist der Leichnam?

Fragen die Frauen am Grab

Gott ist da:

Wo Menschen die Flucht nicht überleben

Wo Menschen grausam gequält werden

Von Menschen,

in der Welt – aber auch hier in unserer Kirche

Gott ist da:

Wo wir ihn in unseren Alltag lassen

Wo wir hingucken

Wo wir anfassen

Wo wir aufhören, ängstlich zu schweigen.

Und überall da

geschieht Auferstehung

Heute

Hier und überall

Jetzt.

Meine Gedanken zu Karfreitag

Mein Gott, warum hast Du mich verlassen – das fragt Jesus vom Kreuz herab. Auch sonst scheint er ziemlich verlassen: außer seiner Mutter Maria, seinem Lieblingsjünger Johannes und Maria Magdalena ist keiner mehr da – alle haben sich verdrückt…

Wegkreuz am Tagebau

Und ja, diese Frage stellen wir durchaus auch. Wenn ein lieber Mensch viel zu früh verstorben ist. Wenn unser Leben durchkreuzt wird von Krankheit, Arbeitslosigkeit, Lieblosigkeit. Wenn uns unser Kreuz niederzudrücken scheint und wir keinen Ausweg finden.

Wo war Gott denn, als die Nazis ihre Greueltaten an den Juden und anderen unerwünschten Menschen ausübten. Wo ist Gott denn, wenn Menschen im Krieg leiden, wenn sie auf der Flucht sterben, wenn sie dort, wo sie Leben erhofften, nur Elend und Not finden. Wo ist Gott, wenn die Klimaerwärmung dazu führt, dass ganze Landstriche veröden. Wenn Naturkatastrophen Menschenleben kosten. Wo ist er, wenn Priester Kinder und Ordensfrauen mißbrauchen?

Wo ist jetzt Dein Gott – diese Frage bekomme ich manchmal gestellt: wenn Menschen im Mittelmeer ertrinken, weil sich die Hoffnung auf ein Leben in Sicherheit und Frieden als trügerisch erwies.
Wo ist jetzt Dein Gott – das werde ich manchmal gefragt, wenn Menschen viel zu früh versterben.

Wo ist jetzt Dein Gott fragte meine Freundin, die Karneval die Diagnose Bauchspeicheldrüsenkrebs bekam und Karfreitag dann verstarb: wo ist jetzt Dein Gott?

Gott, wo bist Du – diese Frage stelle auch ich mir immer wieder.

Ich glaube, Gott ist überall da, wo Leiden herrscht. Er ist da, wo Verzweiflung alles leben zu ersticken droht. Er ist aber auch da, wo er den Menschen findet, der es wagt, genau hinzuschauen, sich nicht zu verstecken, sondern das Leid und Elend zur Kenntnis nimmt. Er ist da, wenn wir aus der Bequemlichkeit auszubrechen und uns auf den Weg machen, auf den Weg zum Nächsten, der Hilfe braucht, auf den Weg, unsere Bequemlichkeit zurückzulassen zum Wohle seiner Mitmenschen, auf dem Weg, Entscheidungen zu treffen statt in der Hoffnungslosigkeit zu verharren, auf dem Weg ins neue Leben. Gott hat keine anderen Hände als die unsrigen – die sollen wir denen reichen, die Trost brauchen und Hilfe, die ein offenes Ohr benötigen, die unser Einschreiten retten könnte. Achten wir darauf, wo Gott uns ruft – wo wir ihn hören – da werden wir Ihn finden. Dann stehen wir mit Maria, Johannes und Maria Magdalena unter dem Kreuz, dann stehen wir zu Ihm. Dann ist das Kreuz nicht das Ende…

Was ist Wahrheit

Mein Fastenkalender in diesem Jahr nennt sich „7 Wochen ohne Lügen“ und geht dieser Frage nach.

Was ist denn Lüge? Das ist relativ einfach, finde ich: Lüge ist das, was ich wider besseren Wissens verbreite. In der Regel, um irgendetwas durchzusetzen oder andere bloßzustellen oder sonst irgendwie entweder zu schaden oder einen Vorteil zu erlangen. Es gibt dann noch die Lüge nach dem Motto: „tell me sweet little lies“ – da lässt sich drüber streiten. Und dann gibt es das Schweigen, das Verschweigen von Wahrheiten. Da wird es dann schwierig…

Aber was ist Wahrheit überhaupt?

Was ist Wahrheit – die Frage stellt sich, als Jesus vor Pontius Pilatus steht. Was ist Wahrheit – die Frage stellt man sich angesichts der Flut von Falschmeldungen jeden Tag, wenn man durchs Internet surft. Was ist Wahrheit?

Gibt es das überhaupt? Wahrheit?

Ich habe eine Freundin, die ich seit dem 5.Schuljahr kenne. Wir sehen uns häufig, sind uns eng verbunden. Aber über unsere Schulzeit sprechen wir nur noch selten. Nicht nur, weil es genügend andere Themen gibt, sondern weil wir, wenn wir unsere Wahrheiten aus dieser Zeit vergleichen, eigentlich gar nicht auf derselben Schule gewesen sein können.

Nun kann man sagen: ok, Erinnerungen täuschen, und je weiter das Ereignis weg liegt. Nehmen wir also etwas anders: ein Verkehrsunfall. Zwei Autos treffen sich an der Mittellinie. Jeder der beiden behauptet, er wäre auf seiner Fahrbahnseite geblieben und der andere lüge. Was ist Wahrheit? Nun, für sich genommen kann es durchaus sein, dass beide fest davon überzeugt sind, die Wahrheit zu sagen. Ihre Wahrheit – objektiv ließ sich damals nichts feststellen. Das sind so Situationen, die jeder kennt: die (echte) Wahrheit liegt dann möglicherweise in der Mitte. Oder auch nicht. Wer weiß das schon. Übrigens ein Grund für mich, immer zu versuchen, alle Seiten zu hören, soweit das möglich ist.

Oder nehmen wir die Forschung: immer wieder müssen die Wissenschaftler feststellen, dass das, was sie bisher als Wahrheit kannten, durch neue Erkenntnisse relativiert oder gar grundlegend geändert wird (übrigens sehr gut dargestellt von Archäologen im New Yorker National Museum of History)

Also: gibt es das, Wahrheit?

Nun, es gibt durchaus Fakten. Nüchterne Fakten, die man so stehen lassen kann. Oder aber auch hinterfragen, interpretieren, widerlegen…

Und es gibt die subjektive Wahrheit, die offensichtlich die meine ist, vielleicht auch tatsächlich nur meine: für mich ist mein Mann der schönste Mann der Welt.

Es gibt das offensichtliche, was nur leugnen kann, der es leugnen will.

Es gibt Begebenheiten: wenn 100 Leute etwas gesehen haben und übereinstimmend erzählen, dann kann man es nur noch sehr schwer widerlegen oder leugnen.

Ich bin fest davon überzeugt: „die Wahrheit“ gibt es nicht. Es gibt nur das, was man für sich als wahr erkennt – wenn man offenen Herzen und bereitwillig danach sucht, dann ist es zumindest eine Wahrheit.

Aber auch da gibt es Grauzonen: es gibt Wahrheiten, die man sich nicht eingestehen will. Es gibt Wahrheiten, die man nicht hören will. Als Präventionsreferentin für sexuellen Mißbrauch in der katholischen Kirche höre ich immer wieder: bei uns gibt es so was nicht, bei uns tut das keiner. Das kann ja durchaus stimmen. Aber es kann auch sein (und es ist oft so), dass die Wahrheit keiner sehen und hören will. Dass nicht sein kann, was nicht sein darf. Dass man gar nicht erst hinschaut: was ich nicht sehe oder höre, das existiert auch nicht, so wie das Kind, dass die Hände auf die Augen legt und meint, jetzt wäre es verschwunden…

Also: schwieriges Thema, das mit der Wahrheit. Da fragt man sich doch: warum überhaupt soll man dann bei der Wahrheit bleiben? Wenn sie doch so vielschichtig ist, so schwer fassbar – warum überhaupt drüber nachdenken in einer Zeit, in der sie sowieso keinen hohen Stellenwert mehr hat, dafür aber eine hohe Halbwertzeit?

Ich glaube, es geht gar nicht um Wahrheit. Wir nutzen die falschen Vokabeln. Es geht um Wahrhaftigkeit: dass ich Dinge sorgfältig prüfe und nur da als Wahrheit verkünde, wo ich davon überzeugt bin. Und dass ich danach lebe, was ich als Wahrheit erkannt habe. Dass ich weder mich, noch andere belüge, weder wissentlich noch ungeprüft unwissentlich. Und dass ich mir eingestehen kann, die Wahrheit nicht zu kennen. Oder nur einen Teil der Wahrheit zu erkennen.

Dann, nur dann kann ich wahrhaftig leben.

Nachtrag zum Weltfrauentag

Aus gegebenem Anlass – im Nachgang zum gestrigen Weltfrauentag – noch ein paar Gedanken dazu:

Ich wurde überschwemmt mit Werbung: von „Haarschnitte“ oder „Kosmetikberatung“ am Weltfrauentag für Frauen 15 % Rabatt über „Extra für Frauen: unsere neuen Produkte“ bis „Wechseljahre: was tun“ alles, was man sich so vorstellen kann. Mit dem ein- oder anderen habe ich mich näher befasst: Produkte, die es auch „normal“ gibt, für Frauen extra in rosa – und nur ein winziges bisschen teurer (kennt man ja).

Dann bekamen wir, meine Tochter und ich, am Vorabend Herzchengummibärchen geschenkt im Kölner Bahnhof (übrigens sehr lecker) – im Zuge der Gleichberechtigung gab es die allerdings auch für ihren Freund. Und überall rote Rosen und weiß ich nicht was am Tag selber – und fromme Reden von Politikern, die wahrscheinlich vom letzten Jahr abgeschrieben haben und heute nicht mehr wissen, was sie gestern gesagt haben. Ach ja, und gratuliert wurde mir auch, mehrfach: auf facebook, bei Whatsapp und – tatsächlich – auch so…

Und dann meine Tageszeitung, die TAZ: nur von Frauen geschrieben! Eigentlich eine gute Aktion, zeigt sie doch, dass das keinen qualitativen Unterschied macht. Aber heute schreiben wieder in der Mehrheit die Männer, wie immer…

Das alles ist – meiner Meinung nach – nicht wirklich der Sinn dieses Tages. Er ist kein zweiter Muttertag, und er ist kein Tag frommer Reden: er weist darauf hin, dass Gleichberechtigung nach wie vor nicht gegeben ist, nicht in der Welt, und schon gar nicht bei uns. Dass muss allerdings ins Bewusstsein eindringen, ins Rückenmark unserer Gesellschaft, sonst verkommt der Tag zur Geschäftemacherei…

Das Credo muss sein: jeder Mensch hat die absolut gleichen Rechte, egal, ob männlich, weiblich oder divers, egal, welche Religion, welche Herkunft, welche sexuelle Ausrichtung. Erst wenn wir das verinnerlicht haben, ist ein Weltfrauentag nicht mehr notwendig – und dazu muss sich was verändern: wir müssen immer wieder mit dem Finger auf das zeigen, was am Weltfrauentag ausprobiert und geredet wurde – und auf Einhaltung pochen. Nur dann hat dieser Tag noch einen Sinn und wird irgendwann überflüssig.

8.März – Weltfrauentag

8. März. Weltfrauentag. Braucht man diesen Tag heute noch? In Deutschland? Die hiesige Lokalzeitung stellt an solchen Tagen gerne mal Frauen vor als „die starken Frauen Krefelds“ – allesamt Frauen in Führungspositionen. Aha. Das also sind starke Frauen.
Für mich sind starke Frauen nicht in Führungspositionen zu finden, sondern an völlig anderen Orten.
Die Reinigungskraft, die nebenbei noch Haushalt und Kinder managet und dennoch positiv durchs Leben geht.
Die Mutter, die neben Arbeit und Familie auch noch die alten Eltern oder Schwiegereltern pflegt, ohne Rücksicht auf die eigene Gesundheit.
Die alleinerziehende Mutter, die zugunsten von Vollzeitarbeit und Kindern weitgehend auf ihr Privatleben verzichtet, um den Kindern möglichst viel Zeit und Liebe zu geben.
Die Hausfrau, die neben Kindern, Haushalt, Rückenstärkung des Mannes ihre „Freizeit“ damit verbringt, ehrenamtlich für andere da zu sein.
Die Pflegefachkraft mit Billiglohn, die ihre Überforderung nicht an den Patienten oder Bewohnern auslässt.
Die Erzieherin, die auch mit 50 noch auf die Kinder eingeht und sie für ihren Weg ins Leben stärkt, obwohl sie der Arbeit eigentlich nicht mehr gewachsen ist.
Diese Liste über Frauen in Krefeld bzw. Deutschland könnte ich endlos fortsetzen.
Und dann gibt es noch die starken Frauen dieser Welt.
Die Mütter in der Ukraine, die die Einberufungsbescheide ihrer Söhne verbrennen.
Die Mütter der Plaza Mayo in Argentinien, die immer und immer wieder auf die Straße gegangen sind, um etwas über das Schicksal ihrer Kinder zu erfahren.
Die Geiseln von Boko Haram, die nach ihrer Befreiung bereit sind, über ihr Schicksal zu reden, damit die Welt erfährt, was in Nigeria passiert.
Die Frauen in aller Welt, die ihre Kinder vor der Gewalt der Väter schützen und dabei selbst Leib und Leben riskieren.
Die Frauen in Kriegsgebieten, die ihre Kinder auf die Flucht schicken, in der Hoffnung, dass wenigstens diese den Krieg überleben.
Die verschleppten Frauen, die in die Prostitution verkauft wurden und die Kraft haben, sich gegen ihre Zuhälter aufzulehnen.
Auch hier könnte man die Liste endlos erweitern.
Eine starke Frau ist in meinen Augen eine Frau, die ihr Leben, egal, wie es auch aussieht, irgendwie dennoch lebt und in den Griff bekommt, gegen alle Widerstände. Eine Frau, die sich nicht entmutigen lässt, sondern notfalls immer wieder von vorne anfängt.
Natürlich kann das auch eine Führungskraft sein. Keine Frage. Die Stellung als Führungskraft an sich ist aber kein Merkmal dafür, dass es sich um eine starke Frau handelt.
Und zu guter Letzt: solange solche Artikel erscheinen, solange „starke Frauen“ so präsentiert werden, solange man betonen muss, dass es Frauen in Führungspositionen gibt, solange Frauen auf dieser Welt Freiwild für Männer sind, solange Frauen immer noch weniger verdienen als Männer, solange „Frauenarbeit“ (Haushalt, Erziehung, Pflege…) immer noch nichts wert sind, so lange Frauenberufe (Pflege, Erziehung, Grundschullehramt, Reinigungskraft…) von der Bezahlung her immer noch am unteren Ende angesiedelt ist, solange die Werbung auf den Weltfrauentag mit Kosmetika und männlichen Models solange ist auch in Deutschland ein Weltfrauentag immer noch notwendig.
Von der Lage der Frauen in der Welt gar nicht zu reden…

Was ist eigentlich Demokratie?

Aus gegebenem Anlass beschäftige ich mich heute mit einem Thema, von dem ich dachte, es sei eigentlich klar und eindeutig.

Der Anlass? Die Diskussion um den Uploadfilter, um Artikel 13 einer Urheberechtsreform der EU. Inhaltlich mag ich darauf nicht eingehen, das können andere besser. Fakt ist: Künstler müssen für das, was sie tun, bezahlt werden. Fakt ist aber auch: Zensur ist keine Lösung. Aber um den Inhalt geht es mir jetzt ja auch nicht, sondern um die Art und Weise, wie hier Demokratie gelebt wird. Denn die Abstimmung hierüber war im EU-Parlament auf den 25.März angesetzt. Daraufhin wurden etliche Großdemonstrationen vorbereitet, europaweit für den 23. März. Und nun kommt es: mit diesem Wissen will die konservative EVP (die ziemlich weit nach rechts herüber ragt), und allen voran die CDU/CSU, die Abstimmung vorverlegen… (einer von vielen Links dazu: http://www.spiegel.de/netzwelt/netzpolitik/artikel-13-evp-fraktion-will-urheberrechts-abstimmung-vorziehen-a-1256304.html)

Zunächst: als Demokratie bezeichnet man Herrschaftsformen, bei denen die Macht vom Volke ausgeht. Das wird in den verschiedensten Ländern verschieden gehandhabt, manche, die sich Demokratie nennen, sind keine, weil es nicht wirklich freie Wahlen gibt, andere sind mehr oder weniger direkte Demokratien, auch da sind Ergebnisse manchmal zweideutig: auf Grund der Wahlmänner in den USA kann es dort sein (und war es ja unlängst auch so), dass nicht derjenige oder diejenige Präsident wird, auf den sich die meisten Stimmen vereinigen, sondern halt der, der die meisten Wahlmänner hat. Bei unserer Mischform: Wahlkreiskandidaten- und Parteienwahl wird das Parlament immer wieder vergrößert, weil sonst das Ergebnis der Wahlkreiskandidatenwahl nicht mit dem der Parteienwahl übereinstimmt. Bei der Kommunalwahl in England kann man ankreuzen: keinen der angebotenen Kandidaten – diese Stimmen werden ebenfalls gezählt, so dass die absolute Mehrheit vielleicht plötzlich in ganz anderem Licht steht…

Die Frage ist nun: ist Wählen gehen das einzige, was ich als Demokratin tun kann, wenn ich mich nicht an eine Partei binden und in die Parteiarbeit einsteigen möchte? Schauen wir doch mal ins Grundgesetz, denn Gewaltenteilung, Rechtsstaatlichkeit und Einhaltung diverser Grundrechte wie z.B. der Pressefreiheit sind eine unabdingbare Voraussetzung für jede Demokratie, denn das „Volk“ muss genau erkennen können, worauf es sich einlässt – und seine Entscheidungen jeweils neu überdenken können, ohne Repressalien befürchten zu müssen. Und in Artikel 8 unseres Grundgesetzes finde ich die Versammlungsfreiheit, unser Demonstrationsrecht. Demonstrationen sind eine grundsätzlich zu erlaubende (näheres regelt wie immer ein Gesetz) Möglichkeit, seine Meinung kundzutun. Und dieses Grundrecht will man nun dadurch aushebeln, dass man einfach vorher entscheidet. Das Demonstrationsrecht bleibt zwar gewahrt, aber es läuft dadurch ins Leere…

Und das ist genau der falsche Ansatz, den unsere größte Regierungspartei gemeinsam mit ihren Verbündeten da vertritt: Demokratie soll ihrer Ansicht nach nur im Wahllokal stattfinden, alles andere wäre ja auch zu lästig. Damit fängt man an, an den Grundrechten zu sägen, die eine funktionierende Demokratie tragen. Das macht mir Angst, hier geht es nämlich nicht mehr um die sowieso zerstörerischen Vorstellungen der AfD, dies hier ist breiter und perfider…

Ich gehöre zu den Menschen, die unsere Demokratie immer wieder in Schutz nimmt und verteidigt. Es mag keine gute Staatsform sein, aber doch die beste, die es gibt. Ich werde nicht müde, wahlmüden Menschen zu erklären, warum wählen gehen so wichtig ist. Jetzt allerdings gehen mir die Argumente aus…

Was mir Hoffnung macht: gestern waren bundesweit spontan jede Menge Menschen auf der Straße, und so soll es auch bleiben. Vielleicht besinnen sich die Politiker ja doch noch einmal auf das, was sie eigentlich hochhalten sollen: unsere Demokratie. Dann, so bleibt die Hoffnung, ist Europa auch keine Farce.

Christliches Abendland – christliche Werte?

Wie ist es eigentlich um die christlichen Werte bestellt im sogenannten „christlichen Abendland“, das frage ich mich immer häufiger. Und da fiel mir der Evangeliumstext des heutigen Sonntags in die Finger:

(Lk 6, 27ff) „In jener Zeit sprach Jesus zu seinen Jüngern: Euch, die ihr mir zuhört, sage ich: Liebt eure Feinde; tut denen Gutes, die euch hassen. Segnet die, die euch verfluchen; betet für die, die euch misshandeln.

Dem, der dich auf die eine Wange schlägt, halte auch die andere hin, und dem, der dir den Mantel wegnimmt, lass auch das Hemd. Gib jedem, der dich bittet; und wenn dir jemand etwas wegnimmt, verlang es nicht zurück. (… )

Ihr aber sollt eure Feinde lieben und sollt Gutes tun und leihen, auch wo ihr nichts dafür erhoffen könnt. Dann wird euer Lohn groß sein, und ihr werdet Söhne des Höchsten sein; denn auch er ist gütig gegen die Undankbaren und Bösen. Seid barmherzig, wie es auch euer Vater ist!

Richtet nicht, dann werdet auch ihr nicht gerichtet werden. Verurteilt nicht, dann werdet auch ihr nicht verurteilt werden. Erlasst einander die Schuld, dann wird auch euch die Schuld erlassen werden.“

Ich finde, dieser Text ist, auch für Christen, eine Zumutung: das, was Jesus da von uns verlangt, was er uns zumutet, ist mehr, als einmal großherzig zu sein: er möchte, dass wir uns jedem Menschen gegenüber so verhalten, als sei er unser bester Freund, als sei er der, den wir am meisten lieben. Und das erscheint uns doch undurchführbar: lieben wir doch lieber da, wo wir auch geliebt werden, geben da, wo wir auch empfangen – und wenn es keine Gegengabe sein kann, so doch wenigstens Dank und Anerkennung. Selbst unsere Ehepartner und Freude sind uns manchmal zu lästig, zu anspruchsvoll, und wir haben nicht immer die Lust, bedingungslos für sie da zu sein. Aber jemanden lieben, dem wir allenfalls gleichgültig sind, den wir vielleicht sogar aus gutem Grund hassen? Jemandem vergeben, der uns zutiefst verletzt hat, der vielleicht unser Leben negativ beeinflusst hat? Wie soll das gehen?

Ich denke, keiner von uns ist in der Lage, Jesu Forderungen eins zu eins umzusetzen.  Also, ich jedenfalls nicht. Aber anfangen kann man ja damit, und ich finde, gerade in der heutigen Zeit bietet sich Gelegenheit genug:

Die Würde des Menschen ist unantastbar, so will es unser Grundgesetz. Darauf zu achten, wäre schon mal ein Anfang: sich klar zu machen, dass wir die Menschen nicht in Faule und Schmarotzer auf der einen und Fleißige und Leistungsträger auf der anderen Seite einteilen dürfen, auch nicht in Menschen, die ein Recht haben, hier zu leben, und die, denen wir es nicht zugestehen. Es macht keinen Unterschied, ob einer arm ich oder reich, welche Hautfarbe jemand hat, welcher Kultur er angehört, warum er seine Heimat verlassen muss oder zu verlassen müssen glaubt, freiwillig oder unfreiwillig, welchen Gott er anbetet: Wir alle sind Menschen, von denen Paulus sagt, dass sie nach dem Bild des irdischen, aber eben auch nach dem himmlischen Adam gestaltet sind. Wir sind, als Menschen mit unserer Würde, alle gleich. Und so sollten wir auch jedem Menschen begegnen, egal wie er zu uns steht: er ist ein Geschöpf Gottes.

All you need is love, haben die Beatles gesungen. Machen wir doch mal einen Test: lächeln wir jeden Menschen an, der uns begegnet, egal, ob wir ihn kennen, egal, ob wir ihn mögen. Wir werden feststellen: die meisten lächeln zurück (ich hab’s ausprobiert), ein ehrlich gemeintes Lächeln ist nämlich ansteckend. Und machen wir uns das zur Gewohnheit: so heben wir die allgemeine Stimmung, und das ist in einer Zeit, in der bestenfalls Gleichgültigkeit den Menschen gegenüber herrscht, ungeheuer notwendig, erst recht in einer Zeit, wo Menschen in zwei (oder mehr) Klassen eingeteilt werden, in der wir Lebensretter als Kriminelle bezeichnen, weil sie Menschen zu uns bringen, die wir nicht haben wollen. Es ist notwendig in einer Zeit, wo Menschen, die sich Christen nennen, nichts dagegen haben, das Sterben im Mittelmeer „Abschreckung“ zu nennen, wo sie über Schülerinnen und Schüler herfallen, die sich doch nur Sorgen um die Zukunft unserer erde machen, in einer Zeit, in der jeder nur darauf schaut: was bring mir das. In einer Zeit, in der nicht einmal Christen noch eine Ahnung davon haben, was Jesus uns zumutet, wenn wir in seiner Nachfolge leben wollen.

Versuchen wir, anders zu sein, daran erkennbar zu sein, dass wir unser Gegenüber immer ernst nehmen, dass wir unser Lächeln in die Welt tragen und so ein Stück zum Frieden beitragen. Das wäre doch schon einmal ein Anfang, einer, der gar nicht schwer ist, der uns nichts kostet, außer ein Lächeln, und uns so viel schenken kann: das Lächeln anderer. Ein Schritt in die richtige Richtung, christliche Werte zu leben. Vielleicht geht es ja dann von allein weiter, bei uns, aber auch bei anderen: jeder Weg beginnt mit dem ersten Schritt.                         

Deutsche IS Kämpfer – was tun?

Eins vorweg – ich hab etwas gegen Gewalttäter. Ich habe etwas gegen alle Kriminellen, die einem anderen einen Schaden zufügen. Und ich möchte, genau wie jeder andere, möglichst wenig davon in dem Lande, in dem ich lebe – eigentlich möglichst wenig davon auf dieser Welt. Und ja, auch ich habe nichts dagegen, wenn sie, so sie keine Deutschen sind, abgeschoben werden in ihre Heimat – allerdings nur, wenn sie da nicht Folter, Körperstrafen oder die Todesstrafe erwarten, denn diese Strafen sind zu Recht bei uns verboten und es wäre eine Einführung durch die Hintertür.

Und dass genau ist der Anlass für mein Schreiben: Deutschland tut sich, wie andere EU-Staaten auch, schwer damit, deutsche IS-Kämpfer zurückzuholen und hier vor Gericht zu stellen (u.a. SPON, 19.2.19)

Es sei schwierig, festzustellen, ob sie überhaupt deutsche Staatsbürger seien. Martin Leimke aus Sachsen ist so einer. Nun gut, er könnte natürlich längst eine andere Staatsbürgerschaft haben – vielleicht die des IS? Unwahrscheinlich, es sei denn, wir erkennen den IS als Staat an. Aber vielleicht kann man ihm einfach die Staatsbürgerschaft entziehen? Nach deutschem Recht geht das noch nicht, die Dänen denken drüber nach und auch andere Europäer.

Man hat Sicherheitsbedenken, weiß nicht, ob man Deutschland dann schützen kann (die anderen Europäischen Staaten denken ähnlich). Und ob man überhaupt genügend Beweise hat für einen Prozess. Und ob sie dann möglicherweise im Gefängnis Schwierigkeiten machen, denen man nicht Herr wird, und…

Keine Frage, alles Probleme, vor die man gestellt wird. Allerdings sind unseren Politikern genau diese Bedenken furchtbar egal, wenn es darum geht, Straftäter, die keine Deutschen sind, abzuschieben. Und vielen Bürgern sind sie noch egaler. Und das ist genau das, was mich ärgert: Hier wird mit zweierlei Maß gemessen. Deutsche Straftäter im Ausland, Terroristen gar: lasst sie bloß bleiben, wo sie sind. Ausländische Straftäter in Deutschland, Terroristen gar: lasst sie schnell verschwinden, unabhängig davon, ob und wie ihnen „zu Hause“ der Prozess gemacht wird. Ach, die Staatsangehörigkeit ist nicht eindeutig feststellbar? Egal, Hauptsache weg.

So geht es nicht. Wir können nicht Deutschland sicherer machen, in dem jede Entscheidung für Deutschland so aussieht. Warum auch? Mit welchem Recht nehmen wir Deutsche Straftäter nicht zurück, schicken ausländische raus? Ist es echt ein Unterschied, wo sie andere Menschen gefährden? Ich meine nein. Die Staatengemeinschaft muss gemeinsam einen Weg finden, diese Situationen zu klären, gerecht für alle. Alles andere ist Egoismus pur.

Der heilige Valentin und die Liebe

Valentinstag. Die einen mögen ihn, die anderen eher nicht. Manche nutzen die Gelegenheit, jemandem Geliebten (s)eine Aufmerksamkeit zu schenken, wieder andere halten ihn für eine Erfindung der Blumenindustrie. Was die meisten nicht wissen: es handelt sich um einen christlichen Feiertag in Verbindung mit einem alten römischen Brauch.

Der heilige Valentin lebte im 3. JH nach Christus. Der heilige Valentin wurde vor allem verehrt, weil er Kranke geheilt hat. Was das nun mit „unserem“ Valentinstag zu tun hat? Nun, er vermählte Verliebte und Soldaten, denen eine Heirat verboten war, nach christlichem Ritus, gegen den Willen des Kaisers: das Christentum war zu der Zeit in Rom verboten. Als Märtyrer wurde er am 14. Februar geköpft.

Der 14. Februar war aber auch das Fest für die römische Göttin Juno, Schützerin von Ehe und Familie. Ihr wird nachgesagt, dass sie als Ratgeberin der Frauen durch ein Liebesorakel für die richtige Partnerwahl sorgte. Ihr zu Ehren wurden am 14. Februar Blumenopfer dargebracht, später entsprechend den Frauen Blumen geschenkt.

Aus diesen beiden Legenden ist der Valentinstag als Fest der Liebe entstanden, der ungefähr seit dem 5.Jahrhundert begangen wird, vielfältig in seiner Form. In den christlichen Ländern Afrikas z.B. werden die Städte mit Blumen geschmückt und man feiert auf der Straße. In Lateinamerika wird er als Tag der Liebenden gefeiert, und die Liebe und Freundschaft werden geehrt. In Finnland und Estland werden am „Tag der Freunde“ diese mit Aufmerksamkeiten beschenkt, in Irland pilgert man in die Karmeliterkirche Whitefair Street in Dublin, um dort den Heiligen Valentin anzubeten und dann seine Große Liebe zu finden. In England verschickt man anonyme Liebesbriefe und in Amerika schicken Jugendliche sich ebenfalls heimliche Liebesbriefe – wer die meisten bekommt, gilt als der oder die Begehrteste.

Soweit so gut: wir feiern also, wenn wir feiern, die Liebe. Aber welche Liebe ist da gemeint? An den unterschiedlichen Bräuchen kann man schon erkennen, dass es jedenfalls nicht nur um die Liebe der Liebespaare geht…

Was ist denn Liebe überhaupt? Unsere erste große Liebe sind in der Regel unsere Eltern, evtl. die Geschwister. Eine andere Liebe ist dann die zu unserer Partnerin, unserem Partner, mit der oder dem wir das Leben verbringen wollen. Dann gibt es die freundschaftliche Liebe, die anders ist, aber ebenso groß sein kann. Im Internet habe ich gelesen: Liebe ist egoistisch, wir lieben den, der uns gibt, was wir brauchen, und wenn er das nicht mehr tut, schlägt die Liebe in Hass um. Ja, dass ist sicher eine Art der Liebe: da zu lieben, wo wir geliebt werden, wo wir etwas davon haben. Ich glaube aber, Liebe bedeutet eigentlich etwas anderes: Liebe ist bedingungslos. Wenn wir jemanden lieben, in wirklich tief in unser Herz schließen, dann muss das nicht auf Gegenseitigkeit beruhen. Deshalb kann Liebe ja auch weh tun, deshalb kann man an gebrochenem Herzen buchstäblich sterben. Das heißt nicht, dass Liebe nicht auch in Hass umschlagen kann – da, der geliebte Mensch, dessen Liebe man sich sicher war, einen zurückstößt und verletzt – da kann Liebe auch verkümmern oder sterben. Dennoch glaube ich, dass sie nicht grundsätzlich egoistisch ist, sondern auf den anderen ausgerichtet: wenn ich jemanden liebe, dann will ich, dass es ihr oder ihm gut geht.

Und dazu gehört für mich als Christin natürlich auch die Nächstenliebe: die Liebe zu dem, der in Not ist, der hilflos ist, der meine Hilfe braucht. Gerade diese Liebe ist in der Regel erst mal eine einseitige, kann aber natürlich auch beidseitig werden – oder aber sich weiter streuen, weil der Mensch, dem ich geholfen habe, später vielleicht sich erinnert und seinerseits seine Nächsten liebt und hilft…

Das Herz, dass ich ausgesucht habe, ist nicht ebenmäßig. Es ist auch durchbrochen, aber die Kerben sind längst geglättet – den Stein habe ich vor 5 Jahren am Strand gefunden. Er erinnert mich daran, dass Liebe nicht immer einfach ist, dass Herzen verletzt und gebrochen werden, dass aber Heilung auch möglich ist. Es zeigt mir, dass auch die Liebe nicht immer perfekt ist – dass es sich aber immer wieder lohnt, sie zu versuchen.

In diesem Sinne wünsche ich allen einen schönen Valentinstag und eine Liebe, die diesen Namen verdient: in der Partnerschaft, in der Familie, im Freundeskreis.

Wohin geht die Reise ?

Wohin geht die Reise?

Eine Frage, die ich mir in letzter Zeit immer wieder stelle. In einer Zeit, wo es wichtiger ist, mit Zeitungsartikeln Klicks zu generieren als Inhalte überzubringen. In einer Zeit, wo die Überschriften reißerisch sein müssen – obwohl der Inhalt des Artikels sich dann doch als so ganz anders herausstellt. In einer Zeit, wo Menschen nur laut genug schreien müssen, damit sie die mediale Aufmerksamkeit aller, auch der noch so seriösen Medien bekommen und somit als Heilsbringer erscheinen.

Ich fahre Auto. Ich fahre gerne Auto. Und ich fahre einen VW-Bulli, einen Diesel. Dies mal vorweg – ich verurteile keinen, weil er was auch immer für ein Auto fährt. Ich möchte nur zum Nachdenken anregen:
Es gibt viele Ursachen für den Klimawandel, eine davon ist der Anstieg von Kohlendioxid in der Atmosphäre. Und diesen Anstieg könnte man z.B. unter anderem dadurch senken, dass man weniger Auto fährt – und nicht so schnell. Nun bin auch ich ein Freund der Freiheit. Aber Freiheit, wie heißt das so schön, endet da, wo die Freiheit der anderen anfängt. Ein Tempolimit hätte jede Menge Effekte, weniger Staus, weniger Unfälle, weniger Stress – und eben weniger CO2-Ausstoß. Und wenn man nicht gerade auf menschenleerer Autobahn mitten in der Nacht von München nach Hamburg oder Berlin saust, wird das Tempolimit nicht dazu führen, dass man deutlich länger unterwegs ist – weil es weniger Staus gibt, weniger Unfälle etc. Wäre also machbar. Es würde nicht mehr so viel gedrängelt, schnelle müssten nicht mehr Oberlehrer spielen und Langsamfahrer ausbremsen, falls die sich mal getraut haben zu überholen – ich seh da nur Vorteile. Allerdings funktioniert das tatsächlich nicht, in dem man an die Vernunft aller Autofahrer appelliert – sieht man doch an sich selbst: wenn es doch nicht verboten ist, schnell zu fahren, dann fährt man vielleicht doch schneller, als notwendig (Jedenfalls geht mir das manchmal so, obwohl ich es eigentlich nicht möchte. Aber ich fahre nicht nur gern Auto, ich fahre auch gern schnell…)
Dann wäre da der Umstieg auf den ÖPNV – umsonst machen das die Wenigsten, also müsste man es ihnen schmackhaft machen. Die Arbeitsstelle meines Mannes ist seit Anfang des Jahres direkt am HBF in Duisburg – und siehe da, es fahren sogar Kollegen mit der Bahn, die immer das Autofahren hochgehalten haben. Mein Fazit daraus: den Nahverkehr attraktiver zu machen, auszubauen – da geht noch was. Und in Hessen bekommen alle Menschen im öffentlichen Dienst ein Jobticket umsonst – auch das reizt natürlich, das Auto stehen zu lassen (da, wo es möglich ist, nicht überall, das weiß ich auch, aber man kann ja auch zum nächsten Bahnhof fahren und da parken…) Allerdings dürfte das Pendeln mit dem Auto dann nicht mehr subventioniert werden – dieses Geld müsste in den Ausbau des ÖPNV gesetzt werden.

Jetzt höre ich schon den Aufschrei derer, die mich für verrückt halten: weil ich sie in ihrer Freiheit einschränken will, weil Bus-, Straßenbahn- und Zugfahren ja mal gar nicht geht und weil Kreuzfahrtschiffe, Flugzeuge, Industrie und, nicht zu vergessen, widerkäuende Kühe so viel mehr CO2 oder Methan (die Kühe) von sich geben…

Mag sein. Aber das ist doch kein Grund, nicht beim Verkehr anzufangen? In etlichen Städten droht nun Fahrverbot von Dieselautos. Da ist das Geschrei groß: wir werden enteignet, wir werden bestraft… Ja, so kann man das sehen. Und dann findet man so einen wie dem Lungenfacharzt, der auch noch lautstark behauptet, dass das alles Unsinn ist, da glaubt man doch lieber ihm als all den anderen, die uns doch nur ans Leder wollen…

Heute sind wieder überall Schüler auf die Straße gegangen. Sie haben Angst um ihre Zukunft. Sie haben Angst, dass wir Alten die Welt kaputt machen. Dass wir zulange warten mit den notwendigen Maßnahmen.

Und sie haben recht: selbst wenn dieser Arzt entgegen all der anderen Wissenschaftler mit ihren Studien recht hätte – was wäre schlimm daran, wenn wir in einer saubereren Welt leben würden? Wenn aber der Klimawandel doch menschengemacht ist und wir warten, bis das 100% erwiesen ist (was nicht geht, jedenfalls nicht in der seriösen Wissenschaft), wir zuschauen, wie große Teile unseres Kontinents veröden oder von Naturkatastrophen heimgesucht werden, die es zwar immer schon gegeben hat, aber nicht in dieser Häufigkeit und nicht in dieser Heftigkeit – dann ist es irgendwann zu spät. Dann werden unsere Kinder und Kindeskinder nicht leben können, weil wir Angst um unsere Freiheit auf der Autobahn hatten.

Wo geht die Reise hin? Ich versuche, möglichst viele Strecken mit dem Rad und dem ÖPNV zu überwinden, und auch laufen ist eine Option, die, wenn man sich drauf einlässt, sogar Spaß macht. Das ist auch ein Kampf mit den inneren Schweinehund, keine Frage. Aber ich bin bereit, diesen Kampf aufzunehmen – und, ganz ehrlich, schlechter wird mein Leben dadurch nicht.