Der Zweck heiligt die Mittel. Heiligt der Zweck die Mittel?

Es geht um den Fall Strache, der ja die Medien zur Zeit beherrscht: der Vizekanzler der FPÖ wurde in eine Situation gelockt, in der er dann versucht hat, mit einer angeblichen russischen Erbin ins Geschäft zu kommen, um die Presse in Österreich beherrschen zu können und Spenden zu erhalten.

Eins vorweg: es ist gut, das Strache zurücktritt. Es ist gut, dass es in Österreich Neuwahlen gibt – in der Hoffnung, dass sich dadurch was ändert.

Aber: darf man die „Bösen“ mit ihren eigenen Mitteln schlagen?

Bei Diskussionen im Internet erlebe ich das häufig: die einen fallen pauschal über die Zuwanderer her („Messereinwanderer“) – die anderen genauso pauschal über die Wähler von AfD und FPÖ. Die einen werden in die grünversifftelinksradikale Ecke gestellt und der „bösen, gewaltbereiten Antifa“ zu geordnet, die anderen in die rechte und als Nazis abgestempelt.

Ich finde: das geht auf keinen Fall. Wenn ich Pauschalisierung verurteile, kann ich nicht sagen: „Ihr alle pauschalisiert“ – da bin ich ganz klar. Ich diskutiere mit Argumenten, alles andere lasse ich außen vor, wenn ich unsachlich angegangen werde versuche ich das in der Regel entweder zu überhören und überlesen oder ich geh mit einem Satz drauf ein ohne den anderen zu verunglimpfen, je nachdem, was gerade passt – und bleibe dann doch ganz bei mir.

Aber wie sieht das nun aus, wenn hier rechte Politiker in die Falle gelockt werden, damit sie über sich selbst stolpern? Und ein solches Video dann punktgenau vor den Europawahlen publik wird?

Abgesehen davon, dass Strache sich jetzt als Opfer sieht – genau das ist er nicht, und sein Zurückrudern: „alkoholbedingtes Machogehabe um einer schönen Frau zu gefallen“ (wäre ich die Seine, würde ich jetzt gehen…) ist mehr als peinlich.

Und abgesehen davon, dass sich die Ersteller des Videos möglicherweise strafbar gemacht haben könnten (ich wüsste allerdings nicht genau wie, es ist zwar verboten, so vorzugehen, aber nicht alles was verboten ist, ist auch direkt eine Straftat) – das haben sie dann wohl billigend in Kauf genommen. Es ist allerdings unwahrscheinlich, dass das Video wohl in einem Gerichtsverfahren als Beweis zugelassen würde, weil es illegal entstanden ist.

Bleibt die Frage: darf man mit unlauteren Mitteln arbeiten, wenn man lautere Ziele hat – in einem Rechtsstaat, der Österreich ja schon immer noch ist? Darf man Menschen reinlegen, damit sie sich nachweislich so verhalten, wie man es ihnen zutraut (und vielleicht bisher nur nicht beweisen konnte). In meiner Studienzeit habe ich mich immer schon über den Einsatz von Polizeispitzeln in der Drogenszene aufgeregt: es gab damals mehrere Fälle, in der bis dahin unbescholtene Jugendliche von solchen Spitzeln so unter Druck gesetzt wurden, dass sie zu Dealern wurden, eine äußerst fragwürdige Methode wie ich finde. Ist das hier auch so ein Fall? Wahrscheinlich nicht, Herr Strache ist ein erwachsener Mensch und der einzige Druck war wohl der selbstgemachte: nach seiner eigenen Erklärung „dieser Frau gefallen und imponieren zu wollen“. Und er hat Dinge geäußert, die er noch nicht mal hätte denken dürfen – aber wie heißt es so schön: Kinder und Besoffene sagen die Wahrheit.

Aber dennoch: es bleibt ein Geschmäckle, finde ich. Wir sollten weiterhin versuchen, auf legalen, argumentativen Wegen weiterzukommen – durch genaueste Beobachtung und Offenlegung, das schon, durch prüfen jeder von den rechten Parteien vorgelegten Behauptung auf ihren Wahrheitsgehalt, das natürlich auch. Durch das Unterbinden von volksverhetzenden Aussagen durch die Medien auf ihren Seiten, durch die Betreiber von sozialen Netzwerken, und durch die öffentliche Hand, z.B. bei Versammlungen und Plakaten.

Wir sollten auch, wie es heute so viele tun, auf die Straße gehen und laut werden.

Aber ich wünschte mir, wir könnten dabei sauber bleiben: Sauber nicht nur in Bezug auf das Strafrecht, sondern in Bezug auf unser Gewissen: wir sollten ihre Mittel nicht übernehmen.

Und doch: ich freue mich über das Beben in Österreich in der Hoffnung, dass es das Schlechte zerstört und nicht das Gute.

Es bleibt ein Dilemma.

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