Pfingsten ist so ein Fest – da wissen nicht mal Christen so genau, was da gefeiert wird. Es steht nicht so im Vordergrund wie Christi-Geburt an Weihnachten oder die Auferstehung der Toten, und es gibt auch deutlich weniger Rituale und Brauchtum rund um dieses Fest.
Kurz zusammengefasst ist Pfingsten das Fest, an dem der Heilige Geist über die ängstlich in einem Saal zusammenhockenden Jüngerinnen und Jünger kam – „mit Brausen und Feuerzungen“, wie es in der Apostelgeschichte steht – und siehe da, plötzlich verließen sie voller Mut den Saal, sprachen zu den Menschen und wurden von allen, egal woher sie kamen und welche Sprache sie hatten, verstanden.
Eine schöne Gesichte, mag der eine oder die andere sagen, aber was hat sie mit mir zu tun?
Es ist die Verwandlung, die mich fasziniert: die Jünger hatten wirklich Angst und trafen sich nur hinter verschlossenen Türen. Und plötzlich ist die Angst weg: sie trauen sich unter die Menschen, sie haben was zu sagen und tun es auch, und sie sind in der Lage, sich verständlich zu machen.
Wir alle kennen Situationen, in denen wir uns nicht trauen. Wir sehen eine Ungerechtigkeit, müssten einschreiten, etwas sagen, und schweigen doch lieber. Wir treffen eine Trauernde und gehen ihr lieber aus dem Weg, aus Angst, etwas Falsches zu sagen. Wir scheuen den Besuch am Sterbebett, weil wir nicht wissen, was wir sagen sollen. Wir begegnen Hass und Hetze im Familienkreis oder im öffentlichen Raum und schweigen um des lieben Friedens willen. Oder auch anders herum: uns fehlen die richtigen Worte und statt zu schweigen produzieren wir Wörter ohne Ende.
All das sind Situationen, die wir in der Regel mit uns alleine ausmachen. Wo wir zu schwach sind, das Richtige zu sagen oder zu tun, wo Sorge und Angst überwiegen.
Wir brauchen jemanden, der uns den Rücken stärkt, wir brauchen andere, die hinter, neben oder auch mal vor uns stehen, das Gleiche wollen, uns unterstützen. Und wir brauchen den Mut, uns einzulassen auf ein Gespräch, eine Situation – und das Vertrauen, dass das Richtige uns dann schon einfällt, wenn wir nicht aus Sorge, Angst oder falsch verstandener Scham entweder einfach drauf losplappern oder Schweigen.
Als Christin nenne ich das, was mir hilft, in mich hineinzuhorchen und die richtigen Worte zu finden den Heiligen Geist – andere mögen das Intuition nennen oder Eingebung: wenn wir das verspüren, und wenn wir wissen, dass wir nicht alleine dastehen, dann können wir so reden, dass wir verstanden werden. Dann können wir uns trauen, auf die Menschen zu zu gehen, dann können wir es wagen, Unrecht entgegenzutreten.
Das ist in meinen Augen das, was das Pfingstfest ausmacht.
Und deshalb ist es schade, dass dieses Fest so oft unter „ferner liefen“ abgeheftet wird.
Komm Heiliger Geist
Öffne meine Augen,
dass ich nicht mehr wegschaue.
Öffne meine Ohren,
dass ich hinhöre
Löse meine Zunge
dass ich Worte spreche statt Wörtern
Öffne mein Herz,
dass ich lerne, die Ungeliebten zu lieben
Denn wenn ich das Elend sehe
das Leid höre
die richtigen Worte finde
Lieben lerne
und draus handle
dann trage ich Liebe und Frieden
in diese unfriedliche Welt
Komm Heiliger Geist
und hilf mir zu helfen