Gedanken über Vaterland, Nationalismus und Patriotismus

Wer mich kennt, weiß, dass ich – kommentierenderweise – viel im Internet unterwegs bin. Da begegnen einem immer Begriffe wie Vaterlandsliebe, Nationalismus und Patriotismus – und vieles wird verschwurbelt und durcheinandergebracht.

Eins vorweg, bevor ich falsch verstanden werde: auch wenn mir immer wieder das Gegenteil vorgeworfen wird: ich liebe mein Heimatland und lebe gerne in Deutschland. Allerdings ist es Glücksache, wo man geboren wird: bei mir war es eben der rheinisch-katholische Niederrhein.

Vaterland ist das Land der Väter und Mütter, das Land, wo die (näheren) Vorfahren herkommen oder wo man geboren wurde. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Das ist für viele Deutsche Deutschland, für nicht wenige aber eben nicht, sondern vielleicht die Türkei oder Syrien oder die Staaten Osteuropas oder der ehemaligen Sowjetunion oder was auch immer. Man kann sein Vaterland lieben und dennoch nicht da leben wollen: wegen des politischen Systems, weil da Krieg ist, weil man einer verfolgten Minderheit angehört oder weil man dort schlicht und ergreifend keine Lebensperspektive hat: auch das ist legitim. Mein Vaterland ist Deutschland, und zwar ein Deutschland in dem das Grundgesetz die Einhaltung der Menschenrechte und den Rechtsstaat garantiert. Liebe ich es? Das ist so ein großes Wort, dazu ist mir Deutschland zu abstrakt. Ich fühle mich da eher auch als Europäerin – oder eben als Rheinländerin vom Niederrhein.

Heimat dagegen: das ist da, wo das Herz ist. Das kann ein Ort sein, das können Menschen sein, da kann man mehrere haben – Heimat ist für jeden etwas anders.

Kommen wir zum Nationalismus: kein Christ kann Nationalist sein, hat der Papst mal gesagt. Was er damit meint? Ganz einfach: Der Begriff ‚Nationalismus‘ bezeichnet eine politische Strömung und damit einhergehende Weltanschauung, die sich im Sinne eines nationalen Egoismus für die Interessen der eigenen Nation einsetzen und deren vermeintliche Gegner scharf bekämpfen will. Nationalisten sind insofern aggressiv, als sie die (sogenannten) Rechte des eigenen Volkes für gewöhnlich weit über die Rechte anderer Völker stellen. Das heißt: sie halten ihr eigenes Volk für höher stehend und wichtiger als alle anderen. Für einen Christen dagegen sind alle Menschen gleich.
Nationalisten wollen Ihr Land nach außen abschotten – dem Welthandel und der Ausbeutung anderer Weltregionen verschließen sie sich dabei allerdings nicht, was ja wenigstens konsequent wäre.

Und was ist nun Patriotismus? Wikipedia sagt dazu: „Als Patriotismus wird eine emotionale Verbundenheit mit der eigenen Nation bezeichnet. Im Deutschen wird anstelle des Lehnwortes auch der Begriff „Vaterlandsliebe“ synonym verwendet. Diese Bindung wird auch als Nationalgefühl oder Nationalstolz bezeichnet und kann sich auf ganz verschiedene als Merkmale der eigenen Nation angesehene Aspekte beziehen, etwa ethnische, kulturelle, politische oder historische.“ Der Unterschied zum Nationalismus besteht daran, dass man sich zwar mit der Nation identifiziert, aber sie nicht über andere erhebt.

Im Unterschied zu einer historisch-kulturellen Bindung steht der Verfassungspatriotismus für das positive Bekenntnis zu den in einer staatlichen Verfassung verankerten übernationalen ethischen und politischen Grundrechten und Wertvorstellungen. Diese beziehen sich in der Tradition westlicher Rechtsstaaten auf die unveräußerliche Menschenwürde und davon abgeleitete Menschenrechte, für die universale Geltung beansprucht wird. Also: Deutschland mit diesem Grundgesetz, dass die Einhaltung der Menschenrechte und den Rechtsstaat garantiert.

In diesem Sinne würde ich mich vorsichtig als Patriotin bezeichnen: ich identifiziere mich mit unserem Rechtsstaat und dem Grundgesetz und werde alles mir mögliche dazu tun, dass es nicht ad absurdum geführt wird. So könnte man fast sagen: als Patriotin unterstütze ich die Seenotrettung und die Klimabewegung, bin für Umweltschutz und ein Ende der Waffenverkäufe.

Hört sich absurd an? Ja, finde ich auch. Daher würde ich diesen Begriff auch nie benutzen. Fakt ist aber, dass es ein Glück ist, in Deutschland geboren zu sein und hier, in diesem sicheren Rechtsstaat, leben zu dürfen. Und Patriot sein ist nicht verboten, auch nicht, wenn ein Patriot sich eine Deutschlandflagge in den Garten hängt – so seine Motivation nicht die Brüskierung von Migranten ist, sondern einfach sein Bekenntnis zu diesem Rechtsstaat Deutschland: wir sollten uns die Flagge nicht von den Rechtspopulisten wegnehmen lassen, auch wenn ich sie nicht aufhängen würde…

Fazit: man darf Deutschland lieben, man darf sein Vaterland lieben, man darf Patriot sein. Was man nicht darf ist, Deutschland und die Deutschen über allen anderen zu erheben.

Wenn alle diese Unterschiede begreifen (wollen) würden, wären wir schon ein ganzes Stück weiter…