Zwischen den Jahren – Betrachtungen

Rauhnächte nannte man diese Zeit früher: der Vorhang zwischen unserer Welt und der Anderswelt sei besonders dünn, so die Sage, und daher treiben Unholde sich in unserer Welt rum und treiben ihren Spaß mit den Menschen.

Zwischen den Jahren: eine Zwischenzeit, eine Anderszeit, so empfinden es sicher viele: Zeit des Rückblicks aber auch des Blickes in die Zukunft…

 „Glauben Sie wirklich Gott und an das ewige Leben“ – diese Frage stellen Angehörige von Verstorbenen gerne, wenn sie selbst kirchenfern für ihre Eltern oder andere Angehörige eine kirchliche Beerdigung wünschen – weil diese das so gewollt hätten.

Für mich immer wieder neu, darüber nachzudenken, woran ich wirklich glaube. Und ja, ich glaube, dass es irgendwie weitergeht nach dem Tod, und ich glaube auch, dass wir irgendwie verbunden bleiben mit den Menschen, die wir hier auf Erden geliebt haben. Durch die Erinnerung, durch die Liebe, die wir durch sie empfangen durften oder mit der wir sie geliebt haben. Durch ein Band, dass im Leben geknüpft wird und der Tod nicht trennen kann. Ich stelle mir gerne eine Lichtung vor, auf der anderen Seite des Flusses, wo die Menschen mit Gott zusammenleben im immerwährenden Frieden.

Und ja, ich weiß, dass das nur eine Vorstellung ist, eine Projektion meinerseits. Vielleicht ist alles ganz anders. Niemand, auch der Frömmste egal welcher Religion, weiß, was mit uns passiert, wenn wir sterben. Aber ich glaube, dass wir alle von Gott gewollt sind und daher weiterleben werden.

Ich glaube nicht an einen personalen Gott, der in die Welt eingreift, der Menschen krank macht oder gesund, der die einen sterben lässt und die anderen Leben, die einen siegen und die anderen verlieren. Aber ich glaube an ein göttliches Wesen, das Vater und Mutter gleichzeitig ist, dass uns trägt, wenn wir den Boden unter den Füßen verlieren, das bei uns ist, wenn wir Angst haben, wenn wir nicht mehr weiterwissen und uns stärkt, wenn wir in der Dunkelheit uns zu verirren drohen.

Und ich glaube, dass es unwichtig ist, ob und wie wir an Gott glauben: er glaubt an uns.

Und so wünsche ich mir und allen, die dies hier lesen, dass wir getragen in das neue Jahr gehen können und trotz aller Dunkelheit um uns her das Licht der Hoffnung erkennen.

Tag der Menschenrechte im Advent 2021

Europa – und allen voran Deutschland – bekennen sich zu den Menschenrechten. Dazu gehören verschiedene bürgerliche und politische Freiheitsrechte und Beteiligungsrechte sowie wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte. Unter anderem hat jeder Mensch ein Recht auf Leben, Gesundheit, Arbeit und Wohnen, auf Bildung, auf Gleichheit vor dem Gesetz, hinzu kommen das Verbot der Folter und die Meinungsfreiheit, Versammlungsfreiheit, Pressefreiheit und die Religionsfreiheit. Seit 2010 ist auch Zugang zu sauberem Wasser ein Menschenrecht. Zurzeit wird diskutiert, ob es ein Recht darauf geben soll, in sauberer Umwelt zu leben.

So weit, so gut. Gleichzeitig spielen sich an Europas Außengrenzen Dramen ab, bei denen alle diese Rechte, allen voran das Recht auf Leben, mit Füßen getreten werden: an der Grenze zwischen Polen und Belarus, in den griechischen Lagern, auf dem Mittelmeer: überall sterben Menschen, erfrieren, ertrinken, verhungern, sterben an fehlenden Zugang zur Gesundheitsfürsorge und an vermeidbaren Erkrankungen, die auf mangelnde oder gar nicht erst vorhandene sanitäre Einrichtungen etc. zurückgehen.
Von Arbeit, Wohnen, Bildung und so weiter gar nicht erst zu reden. Auch die Pressefreiheit wird mit Füßen getreten und Journalisten die Berichterstattung gewährt.

Und wir? Wir bereiten uns auf Weihnachten vor, auf das Fest des Friedens, der Familie, auf das Fest, an dem der Erlöser und Friedensfürst, wie Christen glauben, Mensch wird.

Aber was können wir tun, werden Sie und Ihr jetzt zurecht fragen. Mir fällt da gerade so einiges ein: Organisationen unterstützen, die vor Ort Hilfe leisten wie z.B. Sea-Watch oder Ärzte ohne Grenzen. Petitionen unterschreiben. Unterschriften sammeln. Mails und Briefe an Entscheidungsträger schicken.

Und, ganz wichtig: den Mund aufmachen, wenn Menschen richtig finden, was da passiert, wenn sie von „selbst schuld“ reden, von Sozialtourismus und ähnlichen Dingen: Kein Mensch begibt sich in Lebensgefahr um zwei Cent mehr in der Tasche zu haben. Diese Menschen wollen nichts anderes als das, was ihnen zusteht: die Wahrung ihrer Menschenrechte, ein Recht auf Leben und Gesundheit, Arbeit und Wohnen, auf Bildung, Gleichheit vor dem Gesetz, kurz gesagt auf eine menschenwürdige Zukunft.

Wenn wir den Mund aufmachen, nicht um jemanden niederzuschreien, sondern mit sachlichen Argumenten, wenn wir denen hörbar entgegentreten, denen das Schicksal der Geflüchteten bestenfalls egal ist und die oft auch mit falschen Fakten agieren, dann tragen wir dazu bei, dass mehr Menschen ein Lebensrecht bekommen.

Und wenn wir unseren Lebensstandard und unsere Gewohnheiten daraufhin überprüfen, welche negative Auswirkung auf das Leben anderer Menschen dadurch bedingt sind und wie wir das ein oder andere ändern können, dann ist das ebenfalls ein Schritt in die richtige Richtung. Dann tragen wir mit dazu bei, dass die Menschheit das verwirklicht, wozu sie sich bekannt hat: zur Einhaltung der Menschenrechte.