Gedanken zu den Kar- und Ostertagen: Gründonnerstag 2020

In der katholischen Kirche wird erstaunlicherweise an Gründonnerstag das Evangelium der Fußwaschung gelesen, nicht das des letzten Abendmahles, obwohl an diesem Tag genau darum geht: das letzte Abendmahl, bei dem Jesus uns Christen auffordert, in der Erinnerung an ihn gemeinsam Mahl zu halten, für Katholiken die Einsetzung der Eucharistie.

Sicher, die Fußwaschung gehört dazu. Wenn man in Judäa zu einem Treffen ging oder nach Hause kam, dann wurden, erst recht vor einem Mahl, zunächst die Füße gewaschen, waren die Straßen doch staubig und feste Schuhe unbekannt.  Allerdings hatte man in den besseren Häusern dafür Diener, man machte sich selbst die Hände nicht schmutzig. Es war sicher kein gehobener Dienst, jemandem die Füße zu waschen, sondern eher am unteren Ende der Dienstskala angesiedelt.

Und jetzt das ungeheuerliche: Jesus, der Herr und Meister, den die Jünger Rabbi nennen, der tut diesen Dienst für seine Jünger. Er hockt sich vor sie hin, wäscht ihre Füße, ganz, als wäre er ihr niederrangigster Diener. Ich finde das sehr eindrucksvoll, zeigt es doch eigentlich die Quintessenz aus Jesu Leben: der Dienst am Menschen steht im Mittelpunkt, nicht die Stellung, die man einnimmt. Es gibt keinen Dienst, der zu gering ist, als dass man ihn seinem Mitmenschen tun kann. Jesus ist sich für nichts zu schade. Und das lässt mich auf unsere jetzige Situation schauen: es gibt eine Menge Menschen, deren Dienst wir im normalen Leben nicht wirklich bemerken: Fachpflegekräfte, Erzieherinnen und Erzieher, Lehrerinnen und Lehrer, Müllwerkerinnen und -werker, Briefträgerinnen und Briefträger, Paketboten, Reinigungskräfte – jeder und jede von Euch und Ihnen wird die Liste leicht ergänzen können, denn jetzt bemerken wir sie, und wir merken, wie wichtig all diese Menschen für unser Leben sind. Menschen, denen wir sonst die lebensnotwendige Anerkennung nicht zollen, bei deren Beruf oft ein „nur“ davorsteht, zumindest in Gedanken, oder die wir, nehmen wir die Lehrer, alle gerne beschimpfen, weil wir es doch besser könnten…

Wenn wir also das Evangelium von der Fußwaschung lesen, dann zeigt es uns: alle Menschen sind gleich. Es gibt keine „niederen Dienste“, jeder trägt an seiner Stelle zum Gemeinwesen bei, er und seine Dienste sind gleichwertig mit den Berufen, denen wir Anerkennung zollen, ja vielleicht sogar wertvoller. Wenn wir das lernen und beherzigen, dann haben wir viel verstanden. Und ganz vielleicht führt das dann ja auch dazu, dass diese unverzichtbaren Menschen endlich besser bezahlt werden?

Nocheinmal zum Kern des heutigen Tages, dem Abendmahl. Sicher schmerzt es nicht nur mich, dass wir nicht gemeinsam Mahl halten können, heute, an Gründonnerstag, dem Tag, an dem mich als Kind schon die Worte unseres Priesters: „und das ist heute“ fasziniert haben: weil es Jesus und Jesu Leben mehr als alles andere hineinholt in unsere Welt.

Wir können das Abendmahl dennoch begehen. In dem wir vielleicht im Brief des Paulus an die Korinther lesen: (1 Kor 11,23-26)

Schwestern und Brüder! Ich habe vom Herrn empfangen, was ich euch dann überliefert habe: Jesus, der Herr, nahm in der Nacht, in der er ausgeliefert wurde,
Brot, sprach das Dankgebet, brach das Brot und sagte:
„Das ist mein Leib für euch.
Tut dies zu meinem Gedächtnis!“
Ebenso nahm er nach dem Mahl den Kelch
und sagte:
„Dieser Kelch ist der Neue Bund in meinem Blut.
Tut dies, sooft ihr daraus trinkt, zu meinem Gedächtnis!
Denn sooft ihr von diesem Brot esst und aus dem Kelch trinkt,
verkündet ihr den Tod des Herrn, bis er kommt.“

Und dann Brot und Wein, oder Traubensaft, segnen, wenn nicht alleine sind, teilen und genau das tun, was Jesus uns aufgetragen hat – egal, ob wir nun evangelisch oder katholisch sind.

Wir können Mahl halten in Seinem Gedenken – und das sollten wir auch tun.

Eine Antwort auf „Gedanken zu den Kar- und Ostertagen: Gründonnerstag 2020“

  1. Liebe Edith, Deine Gedanken habe ich erst heute gelesen und sie haben mich sehr berührt. Mir fällt es sehr schwer, vor allem heute nicht an der Passion teilnehmen zu können. Du weißt was sie mir bedeutet. Ich werde mal schauen, ob die Kirche offen ist und mich für eine Weile still hineinsetzen.
    Ich wünsche Dir und Deiner Familie und Deinen Eltern trotz allem, oder vielleicht gerade weil, ein gesegnetes Osterfest.
    Dorit

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