Weltfriedenstag 2020

Was ist das eigentlich, Weltfrieden? Unsere Kommunionkinder erwähnen ihn, ganz in Anlehnung an die „Großen“, immer in den Fürbitten. Den Weltfrieden, den alle sich so ersehenen, und den wir doch nicht herstellen können.

Was ist Frieden? Ist Frieden einfach nur die Abwesenheit vom Krieg? Dann sind die meisten von uns ja fein raus – wir zetteln keine Kriege an, verkaufen keine Waffen, wir leben in einem Land, in dem es seit 75 Jahren Frieden gibt, die allermeisten kennen Krieg überhaupt nur aus dem Fernsehen.

Wiki schreibt: „Frieden oder Friede (von althochdeutsch fridu „Schonung“, „Freundschaft“) ist allgemein definiert als ein heilsamer Zustand der Stille oder Ruhe, als die Abwesenheit von Störung oder Beunruhigung und besonders von Krieg. Frieden ist das Ergebnis der Tugend der „Friedfertigkeit“ und damit verbundener Friedensbemühungen.“ Abwesenheit von Krieg ist es also nicht alleine. Ich gehe noch weiter: Friede muss bei jedem selbst anfangen.

Da gibt es den inneren Frieden, den Seelenfrieden, wenn jemand den erreicht hat, dann strahlt das aus in seine Umgebung, dann wird es in seinem Umkreis weniger Hektik und weniger Streit und Stress geben, denn wer den inneren Frieden erreicht hat, der ist mit sich selbst im Reinen, der braucht sich nicht mehr wild rumzustreiten um Nichtigkeiten.

Dann gibt es den Frieden in meinem Familien- und Freundeskreis – fast genau so schwer zu erlangen, es gibt doch immer Situationen, wo ich finde, ungerecht beurteilt oder behandelt worden zu sein, wo mir jemand vermeintlich Unrecht tut und ich es ihm übelnehme oder vielleicht sogar heimzahle…

Der innergesellschaftliche Friede ist deutlich schwerer herzustellen: struktureller Rassismus, Bildungsgefälle, fehlende Gleichberechtigung, die Angst vor dem Abstieg und die Suche nach Schuldigen…

Und der zwischen Staaten – den gibt es nicht, den hat es nicht gegeben, vielleicht wird es ihn nie geben.

Damit ist das Thema durch: Frieden, etwas Utopisches, nicht zu erlangen, darum kann man ihn in das Reich der Wünsche und Träume verbannen…

Und doch ist es damit nicht getan. Den inneren Frieden erlange ich nur, wenn ich aufhöre, mit mir zu hadern. Das heißt nicht, dass ich mich kritiklos nehmen muss, wie ich bin, dass ich nicht bereit sein kann, mich zu ändern, wo es notwendig wäre. Das heißt nur: erst einmal bin ich gut so, wie ich bin, so hat Gott mich geschaffen. Und dann kann ich mich bemühen, nach meinen Werten und Maßstäben zu leben, in dem Bewusstsein, dass niemand perfekt ist und es auch nie jemand sein wird, auch wenn es für mich manchmal so aussieht: und dass daher ehrliches Bemühen immer ausreicht.

Das strahlt dann aus: den das, was für mich gilt, gilt ja auch für die Menschen meiner Umgebung: erst mal muss ich davon ausgehen, dass sie so, wie sie sind, gut sind. Und dann kann ich Differenzen sachlich betrachten: ist meine Sicht vielleicht einseitig? Kann ich mich in den oder die andere hineinfühlen oder meine ich zu wissen, was er wie meint und warum sie so oder so reagiert? Gehe ich an Streitigkeiten mit Wohlwollen gegenüber dem Menschen, der mir gegenübersteht, heran, oder habe ich von Vornherein schon mein (Vor-)Urteil gebildet? Ist das, was mich aufregt, es wert, dass ich mich aufrege und Unfrieden verbreite? Oder ist es vielmehr eine Nichtigkeit, beruht auf meiner gekränkten Eitelkeit, darauf, dass ich meiner selbst vielleicht nicht so sicher bin, wie ich es gerne wäre? Ich gebe zu, es ist äußerst schwierig. Man muss sich selbst immer wieder den Spiegel vorhalten, es ist anstrengend und mühsam. Aber ich glaube, es lohnt sich: wenn in meinem Umkreis mehr Frieden herrscht, kann ich selbst auch friedlicher werden.

Und das muss sich dann so weiter fortsetzen. Auf der Ebene, auf der ich mich befinde. Der Plan ist, ohne naiv zu sein davon auszugehen, dass die Menschen mir nix wollen. Und das ein Mensch, mit dem ich vielleicht streite, als Mensch erst einmal wertgeschätzt werden will – das erwarte ich im Gegenzug ja auch.

Wenn ich aber meinem Gegenüber aber vorurteilsfrei begegne, sie oder ihn erst mal wertschätze, bevor ich mich sachlich mit Inhalten auseinandersetze, dann ist ganz viel gewonnen: es geht jetzt nicht mehr um Frieden oder Unfriede, es geht um ein Thema, über das man ja vielleicht geteilter Meinung sein kann – und das man im besten Fall so diskutieren kann, dass es vielleicht sogar ein Ergebnis gibt und sei es nur: ok, das sehen wir halt verschieden. Oder gar einen Kompromiss. Und schon ist ein bisschen Frieden mehr in der Welt.

Klingt utopisch? Ja schon, wer weiß das, wenn nicht ich. Aber es geht ja auch, wie gesagt, nicht darum, perfekt zu sein. Es geht darum, sich zu bemühen, nach den eigenen Wertvorstellungen und Maßstäben selber zu leben. Selber, nicht sie zu Kriterien für die anderen zu machen.

Und dann gibt es noch die Aufgabe, Friedensstifter oder Friedensmittler zu sein. Wegschauen um des lieben Friedens Willen ist nämlich keine Option, diesen „lieben Frieden“ gibt es nicht, weil dann immer irgend einer verletzt oder besiegt zurückbleibt. Das heißt: wenn ich Rassismus erkenne oder irgendwelche Diskriminierungen und Ungerechtigkeiten, dann muss ich sie aufzeigen, nicht verschweigen. Dann muss ich möglicherweise meine Stimme erheben, auch wenn das Unfrieden zur Folge hat. Dann muss ich alles tun, um das Opfer zu schützen. Aber immer unter der Prämisse, dass auch der „Täter“ ein Mensch ist. Und dass es, wie immer, um die Sache geht, um die Sache gehen sollte.

Was das jetzt mit dem Weltfrieden zu tun hat? Nichts und doch alles: wenn jeder versucht, nach seinen Möglichkeiten in seinem Umfeld Frieden zu schaffen, dann breitet dieser sich exponentiell aus – und irgendwann wird aus einer Utopie Realität.

Jeder Mensch dieser Erde hat das gleiche Recht, in Frieden zu leben. Wir können etwas dazu beitragen, und sei es nur ein kleiner Tropfen auf dem heißen Stein: steter Tropfen höhlt den Stein.

Nehmen wir doch den Weltfrieden zum Anlass, stärker auf den Frieden in der eigenen Umgebung zu achten.

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