Was ist das eigentlich, Weltfrieden? Unsere Kommunionkinder
erwähnen ihn, ganz in Anlehnung an die „Großen“, immer in den Fürbitten. Den
Weltfrieden, den alle sich so ersehenen, und den wir doch nicht herstellen
können.
Was ist Frieden? Ist Frieden einfach nur die Abwesenheit vom
Krieg? Dann sind die meisten von uns ja fein raus – wir zetteln keine Kriege
an, verkaufen keine Waffen, wir leben in einem Land, in dem es seit 75 Jahren
Frieden gibt, die allermeisten kennen Krieg überhaupt nur aus dem Fernsehen.
Wiki schreibt: „Frieden oder Friede (von althochdeutsch
fridu „Schonung“, „Freundschaft“) ist allgemein definiert als ein
heilsamer Zustand der Stille oder Ruhe, als die Abwesenheit von Störung oder
Beunruhigung und besonders von Krieg. Frieden ist das Ergebnis der Tugend der
„Friedfertigkeit“ und damit verbundener Friedensbemühungen.“ Abwesenheit von
Krieg ist es also nicht alleine. Ich gehe noch weiter: Friede muss bei jedem
selbst anfangen.
Da gibt es den inneren Frieden, den Seelenfrieden, wenn
jemand den erreicht hat, dann strahlt das aus in seine Umgebung, dann wird es
in seinem Umkreis weniger Hektik und weniger Streit und Stress geben, denn wer
den inneren Frieden erreicht hat, der ist mit sich selbst im Reinen, der
braucht sich nicht mehr wild rumzustreiten um Nichtigkeiten.
Dann gibt es den Frieden in meinem Familien- und
Freundeskreis – fast genau so schwer zu erlangen, es gibt doch immer
Situationen, wo ich finde, ungerecht beurteilt oder behandelt worden zu sein,
wo mir jemand vermeintlich Unrecht tut und ich es ihm übelnehme oder vielleicht
sogar heimzahle…
Der innergesellschaftliche Friede ist deutlich schwerer
herzustellen: struktureller Rassismus, Bildungsgefälle, fehlende
Gleichberechtigung, die Angst vor dem Abstieg und die Suche nach Schuldigen…
Und der zwischen Staaten – den gibt es nicht, den hat es
nicht gegeben, vielleicht wird es ihn nie geben.
Damit ist das Thema durch: Frieden, etwas Utopisches, nicht
zu erlangen, darum kann man ihn in das Reich der Wünsche und Träume verbannen…
Und doch ist es damit nicht getan. Den inneren Frieden
erlange ich nur, wenn ich aufhöre, mit mir zu hadern. Das heißt nicht, dass ich
mich kritiklos nehmen muss, wie ich bin, dass ich nicht bereit sein kann, mich
zu ändern, wo es notwendig wäre. Das heißt nur: erst einmal bin ich gut so, wie
ich bin, so hat Gott mich geschaffen. Und dann kann ich mich bemühen, nach
meinen Werten und Maßstäben zu leben, in dem Bewusstsein, dass niemand perfekt
ist und es auch nie jemand sein wird, auch wenn es für mich manchmal so
aussieht: und dass daher ehrliches Bemühen immer ausreicht.
Das strahlt dann aus: den das, was für mich gilt, gilt ja
auch für die Menschen meiner Umgebung: erst mal muss ich davon ausgehen, dass
sie so, wie sie sind, gut sind. Und dann kann ich Differenzen sachlich
betrachten: ist meine Sicht vielleicht einseitig? Kann ich mich in den oder die
andere hineinfühlen oder meine ich zu wissen, was er wie meint und warum sie so
oder so reagiert? Gehe ich an Streitigkeiten mit Wohlwollen gegenüber dem Menschen,
der mir gegenübersteht, heran, oder habe ich von Vornherein schon mein
(Vor-)Urteil gebildet? Ist das, was mich aufregt, es wert, dass ich mich
aufrege und Unfrieden verbreite? Oder ist es vielmehr eine Nichtigkeit, beruht
auf meiner gekränkten Eitelkeit, darauf, dass ich meiner selbst vielleicht
nicht so sicher bin, wie ich es gerne wäre? Ich gebe zu, es ist äußerst
schwierig. Man muss sich selbst immer wieder den Spiegel vorhalten, es ist
anstrengend und mühsam. Aber ich glaube, es lohnt sich: wenn in meinem Umkreis
mehr Frieden herrscht, kann ich selbst auch friedlicher werden.
Und das muss sich dann so weiter fortsetzen. Auf der Ebene,
auf der ich mich befinde. Der Plan ist, ohne naiv zu sein davon auszugehen,
dass die Menschen mir nix wollen. Und das ein Mensch, mit dem ich vielleicht
streite, als Mensch erst einmal wertgeschätzt werden will – das erwarte ich im
Gegenzug ja auch.
Wenn ich aber meinem Gegenüber aber vorurteilsfrei begegne,
sie oder ihn erst mal wertschätze, bevor ich mich sachlich mit Inhalten
auseinandersetze, dann ist ganz viel gewonnen: es geht jetzt nicht mehr um
Frieden oder Unfriede, es geht um ein Thema, über das man ja vielleicht
geteilter Meinung sein kann – und das man im besten Fall so diskutieren kann,
dass es vielleicht sogar ein Ergebnis gibt und sei es nur: ok, das sehen wir
halt verschieden. Oder gar einen Kompromiss. Und schon ist ein bisschen Frieden
mehr in der Welt.
Klingt utopisch? Ja schon, wer weiß das, wenn nicht ich.
Aber es geht ja auch, wie gesagt, nicht darum, perfekt zu sein. Es geht darum,
sich zu bemühen, nach den eigenen Wertvorstellungen und Maßstäben selber zu
leben. Selber, nicht sie zu Kriterien für die anderen zu machen.
Und dann gibt es noch die Aufgabe, Friedensstifter oder
Friedensmittler zu sein. Wegschauen um des lieben Friedens Willen ist nämlich
keine Option, diesen „lieben Frieden“ gibt es nicht, weil dann immer irgend
einer verletzt oder besiegt zurückbleibt. Das heißt: wenn ich Rassismus erkenne
oder irgendwelche Diskriminierungen und Ungerechtigkeiten, dann muss ich sie
aufzeigen, nicht verschweigen. Dann muss ich möglicherweise meine Stimme
erheben, auch wenn das Unfrieden zur Folge hat. Dann muss ich alles tun, um das
Opfer zu schützen. Aber immer unter der Prämisse, dass auch der „Täter“ ein
Mensch ist. Und dass es, wie immer, um die Sache geht, um die Sache gehen
sollte.
Was das jetzt mit dem Weltfrieden zu tun hat? Nichts und
doch alles: wenn jeder versucht, nach seinen Möglichkeiten in seinem Umfeld
Frieden zu schaffen, dann breitet dieser sich exponentiell aus – und irgendwann
wird aus einer Utopie Realität.
Jeder Mensch dieser Erde hat das gleiche Recht, in Frieden
zu leben. Wir können etwas dazu beitragen, und sei es nur ein kleiner Tropfen
auf dem heißen Stein: steter Tropfen höhlt den Stein.
Nehmen wir doch den Weltfrieden zum Anlass, stärker auf den
Frieden in der eigenen Umgebung zu achten.