366 unbeschriebene Seiten oder: Gedanken zu Neujahr 2020

Erstens kommt es anders und zweitens als man denkt – auch das könnte die Überschrift über diesen Text sein. Am Meer habe ich ihn zwischen den Jahren ersonnen – die Realität hatte mich auch da schon eingeholt, ohne dass ich es wissen wollte.
Da war die „Umweltsau“ des WDR – ein Kommentar von mir mit der Aussage, an dem Lied wäre ja was dran, (und ich denke, da ich im Oma Alter bin, darf ich das sagen) führte zu Beschimpfungen in den Kommentaren und per PN, die so unterirdisch waren, dass ich mich frage: ist es schlimmer, das Verhalten einer imaginären Oma zu beschimpfen, als reale Menschen? Im Vergleich wäre „Umweltsau“ ein echter Kosename.
Und dann die Aufzählung, was die Omas dieser Grundschulkinder alles erlebt und geleistet haben: die heutigen Omas haben in zwei Weltkriegen ihre Kinder alleine aufgezogen, nachdem sie selbst als Kind jeden Tag 15 km durch Schnee und Eis zur Schule laufen mussten. Sie haben aus nichts Mahlzeiten gezaubert und im Anschluss an den zweiten Weltkrieg ganz Deutschland mit eigenen Händen aufgebaut und dann auch noch fürs Wirtschaftswunder gesorgt. Und nie Handys benutzt, die Kinder damals nicht mit dem SUV in die Schule gebracht und einen PC hatten sie auch nicht. Und heute leben sie noch genauso entbehrungsreich wie damals und sammeln außerdem Flaschen zum Überleben. Nun ja. Kann sich ja jeder selbst einen Reim drauf machen. Die Diskussion wäre ja eigentlich ganz amüsant gewesen, wenn sie nicht so ausgeartet wäre.
Also beschloss ich, das wegzustecken und mich ganz dem Meer und dann dem neuen Jahr zu widmen.
Noch vor dem Schlafengehen dann die Nachricht: in Krefeld ist das Affenhaus mitsamt seiner Bewohner abgebrannt (da waren nicht nur Affen drin!) – eine Institution, die ich schon als Kind kennengelernt habe, mit dem ältesten lebenden Gorilla – es war nicht mehr zu retten. Möglicherweise war der Brand verursacht durch diese Feuerballone, die in NRW verboten sind. Bei den ganzen Trauerbekundungen und Spendenaufrufen allerdings frage ich mich: auch wenn es durchaus grausam und schrecklich ist, im Mittelmeer sind wieder 45 Menschen vermisst, wahrscheinlich tot, in Griechenland vegetieren Kinder in Lagern dahin – wie setzen wir eigentlich unsere Prioritäten?

Und dann erfuhr ich, dass heute morgen der Vater einer Freundin verstorben ist, ein Mensch, der die Sommer meiner Kindheit mitgeprägt hat. Es war zu erwarten. Er ist sicher erlöst, für ihn war es besser. Dennoch: wenn einer aus der vorherigen Generation stirbt, schließt sich eine Tür zur Kindheit, und das geschieht in letzter Zeit immer öfter…

Dennoch: es liegen quasi 366 unbeschriebene Seiten eines Buch vor uns, auch wenn eine jetzt schon mehr als angefangen ist. Ein Buch, das zwar eine Fortsetzung ist, dessen Inhalt auch mit bestimmt wird von den vorherigen Büchern. Ein Buch aber, dessen Inhalt wir, wenn auch nicht völlig frei, mitbestimmen können. Ein Buch, dass von uns mitgeschrieben wird. Ein Buch, von dem ich mir vorgenommen habe, dass es viel Liebe und Respekt zu anderen Menschen enthalten soll, Menschlichkeit und Nächstenliebe, Friede und Versöhnung in der Welt und auch im privaten Bereich.
Sehen wir uns diese Seiten an: 365 sind noch völlig leer. Füllen wir sie mit Liebe – dann wird das Jahr ein gutes Jahr werden!

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