Was ist eigentlich Demokratie?

Aus gegebenem Anlass beschäftige ich mich heute mit einem Thema, von dem ich dachte, es sei eigentlich klar und eindeutig.

Der Anlass? Die Diskussion um den Uploadfilter, um Artikel 13 einer Urheberechtsreform der EU. Inhaltlich mag ich darauf nicht eingehen, das können andere besser. Fakt ist: Künstler müssen für das, was sie tun, bezahlt werden. Fakt ist aber auch: Zensur ist keine Lösung. Aber um den Inhalt geht es mir jetzt ja auch nicht, sondern um die Art und Weise, wie hier Demokratie gelebt wird. Denn die Abstimmung hierüber war im EU-Parlament auf den 25.März angesetzt. Daraufhin wurden etliche Großdemonstrationen vorbereitet, europaweit für den 23. März. Und nun kommt es: mit diesem Wissen will die konservative EVP (die ziemlich weit nach rechts herüber ragt), und allen voran die CDU/CSU, die Abstimmung vorverlegen… (einer von vielen Links dazu: http://www.spiegel.de/netzwelt/netzpolitik/artikel-13-evp-fraktion-will-urheberrechts-abstimmung-vorziehen-a-1256304.html)

Zunächst: als Demokratie bezeichnet man Herrschaftsformen, bei denen die Macht vom Volke ausgeht. Das wird in den verschiedensten Ländern verschieden gehandhabt, manche, die sich Demokratie nennen, sind keine, weil es nicht wirklich freie Wahlen gibt, andere sind mehr oder weniger direkte Demokratien, auch da sind Ergebnisse manchmal zweideutig: auf Grund der Wahlmänner in den USA kann es dort sein (und war es ja unlängst auch so), dass nicht derjenige oder diejenige Präsident wird, auf den sich die meisten Stimmen vereinigen, sondern halt der, der die meisten Wahlmänner hat. Bei unserer Mischform: Wahlkreiskandidaten- und Parteienwahl wird das Parlament immer wieder vergrößert, weil sonst das Ergebnis der Wahlkreiskandidatenwahl nicht mit dem der Parteienwahl übereinstimmt. Bei der Kommunalwahl in England kann man ankreuzen: keinen der angebotenen Kandidaten – diese Stimmen werden ebenfalls gezählt, so dass die absolute Mehrheit vielleicht plötzlich in ganz anderem Licht steht…

Die Frage ist nun: ist Wählen gehen das einzige, was ich als Demokratin tun kann, wenn ich mich nicht an eine Partei binden und in die Parteiarbeit einsteigen möchte? Schauen wir doch mal ins Grundgesetz, denn Gewaltenteilung, Rechtsstaatlichkeit und Einhaltung diverser Grundrechte wie z.B. der Pressefreiheit sind eine unabdingbare Voraussetzung für jede Demokratie, denn das „Volk“ muss genau erkennen können, worauf es sich einlässt – und seine Entscheidungen jeweils neu überdenken können, ohne Repressalien befürchten zu müssen. Und in Artikel 8 unseres Grundgesetzes finde ich die Versammlungsfreiheit, unser Demonstrationsrecht. Demonstrationen sind eine grundsätzlich zu erlaubende (näheres regelt wie immer ein Gesetz) Möglichkeit, seine Meinung kundzutun. Und dieses Grundrecht will man nun dadurch aushebeln, dass man einfach vorher entscheidet. Das Demonstrationsrecht bleibt zwar gewahrt, aber es läuft dadurch ins Leere…

Und das ist genau der falsche Ansatz, den unsere größte Regierungspartei gemeinsam mit ihren Verbündeten da vertritt: Demokratie soll ihrer Ansicht nach nur im Wahllokal stattfinden, alles andere wäre ja auch zu lästig. Damit fängt man an, an den Grundrechten zu sägen, die eine funktionierende Demokratie tragen. Das macht mir Angst, hier geht es nämlich nicht mehr um die sowieso zerstörerischen Vorstellungen der AfD, dies hier ist breiter und perfider…

Ich gehöre zu den Menschen, die unsere Demokratie immer wieder in Schutz nimmt und verteidigt. Es mag keine gute Staatsform sein, aber doch die beste, die es gibt. Ich werde nicht müde, wahlmüden Menschen zu erklären, warum wählen gehen so wichtig ist. Jetzt allerdings gehen mir die Argumente aus…

Was mir Hoffnung macht: gestern waren bundesweit spontan jede Menge Menschen auf der Straße, und so soll es auch bleiben. Vielleicht besinnen sich die Politiker ja doch noch einmal auf das, was sie eigentlich hochhalten sollen: unsere Demokratie. Dann, so bleibt die Hoffnung, ist Europa auch keine Farce.

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