Wohin geht die Reise?
Eine Frage, die ich mir in letzter Zeit immer wieder stelle. In einer Zeit, wo es wichtiger ist, mit Zeitungsartikeln Klicks zu generieren als Inhalte überzubringen. In einer Zeit, wo die Überschriften reißerisch sein müssen – obwohl der Inhalt des Artikels sich dann doch als so ganz anders herausstellt. In einer Zeit, wo Menschen nur laut genug schreien müssen, damit sie die mediale Aufmerksamkeit aller, auch der noch so seriösen Medien bekommen und somit als Heilsbringer erscheinen.
Ich fahre Auto. Ich fahre gerne Auto. Und ich fahre einen
VW-Bulli, einen Diesel. Dies mal vorweg – ich verurteile keinen, weil er was
auch immer für ein Auto fährt. Ich möchte nur zum Nachdenken anregen:
Es gibt viele Ursachen für den Klimawandel, eine davon ist der Anstieg von Kohlendioxid
in der Atmosphäre. Und diesen Anstieg könnte man z.B. unter anderem dadurch
senken, dass man weniger Auto fährt – und nicht so schnell. Nun bin auch ich
ein Freund der Freiheit. Aber Freiheit, wie heißt das so schön, endet da, wo
die Freiheit der anderen anfängt. Ein Tempolimit hätte jede Menge Effekte,
weniger Staus, weniger Unfälle, weniger Stress – und eben weniger CO2-Ausstoß.
Und wenn man nicht gerade auf menschenleerer Autobahn mitten in der Nacht von
München nach Hamburg oder Berlin saust, wird das Tempolimit nicht dazu führen,
dass man deutlich länger unterwegs ist – weil es weniger Staus gibt, weniger Unfälle
etc. Wäre also machbar. Es würde nicht mehr so viel gedrängelt, schnelle
müssten nicht mehr Oberlehrer spielen und Langsamfahrer ausbremsen, falls die
sich mal getraut haben zu überholen – ich seh da nur Vorteile. Allerdings
funktioniert das tatsächlich nicht, in dem man an die Vernunft aller Autofahrer
appelliert – sieht man doch an sich selbst: wenn es doch nicht verboten ist,
schnell zu fahren, dann fährt man vielleicht doch schneller, als notwendig
(Jedenfalls geht mir das manchmal so, obwohl ich es eigentlich nicht möchte.
Aber ich fahre nicht nur gern Auto, ich fahre auch gern schnell…)
Dann wäre da der Umstieg auf den ÖPNV – umsonst machen das die Wenigsten, also
müsste man es ihnen schmackhaft machen. Die Arbeitsstelle meines Mannes ist
seit Anfang des Jahres direkt am HBF in Duisburg – und siehe da, es fahren
sogar Kollegen mit der Bahn, die immer das Autofahren hochgehalten haben. Mein
Fazit daraus: den Nahverkehr attraktiver zu machen, auszubauen – da geht noch
was. Und in Hessen bekommen alle Menschen im öffentlichen Dienst ein Jobticket
umsonst – auch das reizt natürlich, das Auto stehen zu lassen (da, wo es
möglich ist, nicht überall, das weiß ich auch, aber man kann ja auch zum
nächsten Bahnhof fahren und da parken…) Allerdings dürfte das Pendeln mit dem
Auto dann nicht mehr subventioniert werden – dieses Geld müsste in den Ausbau
des ÖPNV gesetzt werden.
Jetzt höre ich schon den Aufschrei derer, die mich für verrückt halten: weil ich sie in ihrer Freiheit einschränken will, weil Bus-, Straßenbahn- und Zugfahren ja mal gar nicht geht und weil Kreuzfahrtschiffe, Flugzeuge, Industrie und, nicht zu vergessen, widerkäuende Kühe so viel mehr CO2 oder Methan (die Kühe) von sich geben…
Mag sein. Aber das ist doch kein Grund, nicht beim Verkehr anzufangen? In etlichen Städten droht nun Fahrverbot von Dieselautos. Da ist das Geschrei groß: wir werden enteignet, wir werden bestraft… Ja, so kann man das sehen. Und dann findet man so einen wie dem Lungenfacharzt, der auch noch lautstark behauptet, dass das alles Unsinn ist, da glaubt man doch lieber ihm als all den anderen, die uns doch nur ans Leder wollen…
Heute sind wieder überall Schüler auf die Straße gegangen. Sie haben Angst um ihre Zukunft. Sie haben Angst, dass wir Alten die Welt kaputt machen. Dass wir zulange warten mit den notwendigen Maßnahmen.
Und sie haben recht: selbst wenn dieser Arzt entgegen all der anderen Wissenschaftler mit ihren Studien recht hätte – was wäre schlimm daran, wenn wir in einer saubereren Welt leben würden? Wenn aber der Klimawandel doch menschengemacht ist und wir warten, bis das 100% erwiesen ist (was nicht geht, jedenfalls nicht in der seriösen Wissenschaft), wir zuschauen, wie große Teile unseres Kontinents veröden oder von Naturkatastrophen heimgesucht werden, die es zwar immer schon gegeben hat, aber nicht in dieser Häufigkeit und nicht in dieser Heftigkeit – dann ist es irgendwann zu spät. Dann werden unsere Kinder und Kindeskinder nicht leben können, weil wir Angst um unsere Freiheit auf der Autobahn hatten.
Wo geht die Reise hin? Ich versuche, möglichst viele Strecken mit dem Rad und dem ÖPNV zu überwinden, und auch laufen ist eine Option, die, wenn man sich drauf einlässt, sogar Spaß macht. Das ist auch ein Kampf mit den inneren Schweinehund, keine Frage. Aber ich bin bereit, diesen Kampf aufzunehmen – und, ganz ehrlich, schlechter wird mein Leben dadurch nicht.