Antikriegstag

1. September 1939 (also heute vor 72 Jahren): Seit 5 Uhr 45 wird zurückgeschossen hieß es – und hinter dieser Floskel verbarg sich der Angriff auf Polen.
Heute ist Antikriegstag in Deutschland. Ein Anlass, mal wieder über den Frieden nachzudenken: „Frieden (von althochdeutsch fridu „Schonung“, „Freundschaft“) ist allgemein definiert als ein heilsamer Zustand der Stille oder Ruhe, als die Abwesenheit von Störung oder Beunruhigung und besonders von Krieg. Frieden ist das Ergebnis der Tugend der „Friedfertigkeit“ und damit verbundener Friedensbemühungen. Friede ist im heutigen Sprachgebrauch der allgemeine Zustand zwischen Menschen, sozialen Gruppen oder Staaten, in dem bestehende Konflikte in rechtlich festgelegten Normen ohne Gewalt ausgetragen werden. Der Begriff bezeichnet einen Zustand in der Beziehung zwischen Völkern und Staaten, der den Krieg zur Durchsetzung von Politik ausschließt.“ (Auszug aus Wikipedia)

Was bedeutet das für uns hier in Deutschland und in der ganzen Welt? Nun, seit Kriegsende hat es auf deutschem Boden keinen Krieg mehr gegeben. Ob man die Zustände in der ehemaligen DDR unter obige Definition packen kann, darüber maße ich mir kein Urteil an: die damalige Staatsführung jedenfalls hat es wohl so gehalten. Allerdings ist Frieden ja deutlich mehr als nur die Abwesenheit von Krieg – und da sehe ich die Querdenkerdemos auf unseren Straßen, höre die Menschen, die sich diskriminiert fühlen, weil sie sich nicht impfen lassen möchten, und sehe den Hass auf Geflüchtete (und ja, auch Krawalle des sogenannten schwarzen Blockes, wenn auch meist weniger lebensgefährlich für einzelne Menschen, schließe ich da bewusst nicht aus).

Die Sprache wird rauer, in den sozialen Netzwerken, aber auch im realen Leben. Im Bundestag sitzen Menschen, die allen Ernstes behaupten, wir lebten in einer Diktatur. Es gibt den strukturellen Rassismus, und er fällt uns gar nicht immer auf. Dies und viele weitere Anzeichen deuten darauf hin, dass es mit dem Frieden noch nicht so richtig klappt bei uns.

Der Blick in die Welt zeigt dann dramatisch: friedlich ist sie nirgends. Und immer noch werden Vorwände genutzt, um Krieg zu führen, und die eigentlichen Gründe (die meist aus Machtstreben, Zugang zu strategisch wichtigen Orten oder Bodenschätzen bestehen) werden so vorsichtig verschleiert.

Was aber kann ich tun (außer vielleicht beten?). Nun, ich kann, so kurz vor der Bundestagswahl, Wahlprogramme und Kandidatinnen und Kandidaten darauf abklopfen, ob ihre Vorstellungen und politischen Werte friedensfördernd sind (Stichworte: Klimawandel, soziale Gerechtigkeit, Migration…)

Und ich kann mein eigenes Leben überprüfen: trage ich zum Frieden in meinem Umfeld bei? Oder hab auch ich Gewohnheiten, die dem entgegenstehen. Wie begegne ich meinem oder meiner Nächsten, und zwar nicht nur denen, die ich mag oder mit denen ich mehr oder weniger notgedrungen auskommen muss sondern auch denen, die ich nicht leiden kann. Oder die mein Leben stören – gefühlt oder aber auch real…

Friede kann ausstrahlen und sich weiter fortsetzen. Grundlage für alles ist die Liebe zu den Menschen. Studien haben herausgefunden (aber da braucht man eigentlich keine Studien zu) dass aus Kindern, die sich geliebt fühlen dürfen, meist emphatischere und den Menschen zugewandtere Erwachsene werden als aus Kindern, die diese Liebe nicht oder nur sehr selten spüren. Bei Liebe und Frieden funktioniert das Schneeballsystem durchaus. 

Das Bild zeigt die – reparaturbedürftige – Friedensglocke in Mösern in Tirol

7

in Worten: sieben

Die Zahl des Tages

Ich bin sprachlos

Menschen rennen um ihr Leben

hängen sich an Flugzeuge

fallen runter, sterben.

640 im überfüllten US-Transportflugzeug

Die Bundeswehr rettet 7

Die waren berechtigt

Auffüllen mit denen die da sind?

Es braucht Visa

Und den richtigen Arbeitgeber

Deutschland kann nicht alle retten

Und wer überhaupt schafft es noch

Der Flugplatz ist fast nicht mehr zu erreichen

Wer für Deutsche gearbeitet hat

Wird als Verräter angesehen

Verrätern droht die Todesstrafe

Deutschland lässt sie sterben

Ich bin sprachlos

Die Zahl des Tages

7

Was ist eigentlich Hoffnung?

Worauf hoffen Sie? So fragt public forum in Heft 12/21 auf Seite 50 die Leserinnen und Leser unter dem Titel „Hoffen über die Pandemie hinaus“. Ein Satz sprang mir ins Auge: „Wann immer jemand mit der Realität überfordert war… musste eben mehr oder weniger untätig gehofft werden“ – und der stieß mir auf, habe ich doch selbst Anfang des Jahres „Hoffnungsbriefe“ verschickt an Menschen, die ich kenne, nach dem Losprinzip. Grund genug für mich also, mich dem Thema Hoffnung zu widmen.

Was ist Hoffnung eigentlich? „Hoffnung ist eine zuversichtliche innerliche Ausrichtung, gepaart mit einer positiven Erwartungs­haltung, dass etwas Wünschenswertes eintreten wird, ohne dass wirkliche Gewissheit darüber besteht. Das kann ein bestimmtes Ereignis sein, aber auch ein grundlegender Zustand wie etwa anhaltende Gesundheit oder finanzielle Absicherung. Hoffnung ist die umfassende emotionale und unter Umständen handlungsleitende Ausrichtung des Menschen auf die Zukunft. Hoffend verhält sich der Mensch optimistisch zur Zeitlichkeit seiner Existenz“ finde ich als Definition bei WikiPedia. Ah ja. Also doch etwas Positives? Oder eher eine Art Resignation?
Manche erinnern sich vielleicht an meinen Text hier vor ein paar Monaten, in dem ich versuchte, etwas Aufmunterndes zu schreiben in einer Zeit, irgendwann vor Ostern, als alles nur noch schlimmer wurde. Ich schrieb am Ende:“ Mehr kann ich Euch heute nicht geben. Mehr habe ich selbst nicht.“ Das scheint mir die Hoffnung, die die Dame aus dem Zitat gemeint hat – die Hoffnung, dass es, wider Erwarten, besser werden kann, ganz ohne konkrete Anhaltspunkte. Und für mich war es genau diese Hoffnung, die dafür gesorgt hat, dass ich nicht ganz unterging im Tal der Tränen – der Grat war schmal, ich hatte Glück, ich bin nicht abgerutscht. Eine Hoffnung, die auf nichts beruht außer dem Gefühl, dass es einfach irgendwann besser werden muss. Eine Hoffnung, die sich auf nichts gründet, auf keiner noch so vagen Gewissheit, die aber dennoch trägt.

Also mich. In meinem Leben habe ich die Erfahrung gemacht, dass so viel dran ist an dieser Liedzeile „life happens when you’re making plans“ (One Republic, Wild Life): das Leben passiert, noch während wir Pläne machen. Und nicht immer geht, bei aller Hoffnung, am Ende alles gut aus. Spätestens als mein Kind trotz all meiner, all unserer Hoffnung vor der Geburt gestorben war, wusste ich, dass das so ist. Wir alle haben wahrscheinlich den einen oder anderen Schicksalsschlag erlebt, haben gehofft und doch verloren. Haben vielleicht am Krankenbett von Freund:innen oder Verwandten gesessen, gehofft, vielleicht gebetet – aber der Tod war stärker. Wie kann jemand, der so etwas erlebt hat, noch hoffen? Im März war ich sehr nah dran an der Hoffnungslosigkeit – aber ich habe drauf vertraut, dass sie wiederkehrt, die Hoffnung. Nun ist sie wieder da, vorsichtig, aber doch ja.
Was ist also Hoffnung? Die Hoffnung stirbt zuletzt, wird immer gesagt. Hoffnung ist das Vertrauen darauf, dass nicht alles vorbei ist. Das Vertrauen darauf, dass es weitergeht, vielleicht nicht so bequem, vielleicht anders, aber weiter geht.
Worauf ich hoffe: dass wir die Hoffnung nicht wieder verlieren. Dass immer zumindest ein kleine Fünkchen bleibt, kein „es hät noch immer jut jejange“, aber doch: bisher ging es immer irgendwie weiter. Eine Hoffnung, die uns nicht resignieren lässt, sondern die uns fähig macht zu Handeln und mitzuarbeiten an einer besseren Zukunft.

Gedanken an einem Sonntag im Mai 2021

Muttertag. Der Tag nach dem 8. Mai – Tag der Befreiung. Der Tag, an dem die Kontaktsperren und Ausgangssperren für Geimpfte aufgehoben wurden und die Testpflicht.

Mai. Der Monat, in dem die Natur explodiert. Der Monat, in dem die Kirche Maria, die Mutter Gottes ehrt – und in dem Maria 2.0 ihren Ausgangspunkt nahm. Der Monat, der in so vielen Liedern herbeigefleht wird: „Komm lieber Mai und mache die Bäume wieder grün“ und lobend besungen „der Mai, und der war grüne…“.

Und ich sitze hier, an meinem Schreibtisch, vor dem offenen Fenster und hoffe auf den Frühlingstag, der uns versprochen wurde, und mache mir so meine Gedanken. Der Gottesdienst war, wie immer seit über einem Jahr, ein Hausgottesdienst, und das Evangelium endete mit den Worten: Dies trage ich euch auf, dass ihr einander liebt (Joh 15,17).

Und mir geht durch den Kopf, dass das der Schlüssel ist. Menschen, die sich lieben, die sich wirklich lieben, tun einander nichts. Es geht um echte, selbstlose Liebe, nicht um die „wenn Du mich liebst dann…“- Liebe und auch nicht um die Liebe, die eine Gegengabe fordert.

Wenn wir Menschen einander lieben würden, dann gäbe es keine Kriege mehr. Wenn wir einander lieben würden, dann würden wir uns freuen für die, die jetzt wieder mehr dürfen. Und die wiederum, so sie ebenfalls ihre Mitmenschen lieben würden, agierten mit Augenmaß, so, dass sie uns nicht neidisch machen.

Wenn wir Menschen einander lieben würden, dann könnten Meinungen nebeneinander stehen bleiben, denn sie alle wären, so verschieden ihr Inhalt auch sein möge, als von der Menschenliebe getragen akzeptierbar. Wir würden nicht mehr Religionen gegeneinanderhetzen und in der Kirche mit Machtworten agieren müssen.

Von der Liebe getragen, könnten wir auch die verschiedenen Lebensweisen und Traditionen gut nebeneinanderstehen lassen – denn auch sie wären ja von der Liebe getragen.

Eine ideale Welt, die es so nicht gibt, das weiß ich auch. Aber für mich kann ich daraus ziehen: jeder Mensch hat ein Lebensrecht, ein Recht auf anderssein, ein Recht auf eigene Meinung, auf anderes Denken und andere Traditionen. Solange das nicht menschenverachtend wird, kann ich diskutieren, mich daran reiben, Argumente bringen: aber sachlich und höflich, denn auch der oder die andere hat ein Recht darauf, mir gegenüber wiederum Argumente zu bringen, meine Argumente zu widerlegen. Es ist wichtig, dass wir dies (wieder) lernen. Und ich bin überzeugt: auch wenn ich nur in meiner kleinen Umwelt agieren kann, so ist es doch so, wie Dom Helder Camara, der brasilianische Erzbischof und Befreiungstheologe (1909-1999) gesagt hat: „Wenn eine allein träumt, ist es nur ein Traum. Wenn viele gemeinsam träumen, ist das der Anfang einer neuen Wirklichkeit.“ Lassen wir uns also von der Liebe tragen, lassen wir sie wachsen, wie die Natur wächst in diesen Tagen – lassen wir uns vom Mai inspirieren.

Wie gehen wir miteinander um?

Bischof Oster sorgt sich um die Debattenkultur. Weil niemand kapiert, dass das Lehramt das letzte Wort hat. Das habe ich gerade gelesen und ich habe gedacht: ja, Sorge um unsere Debattenkultur habe ich auch. Allerdings deutlich andere als dieser Passauer Bischof.

Wie viele wissen, bin ich ja Mitglied bei #ichbinhier, einer Gruppierung, die versucht, Hass und Hetze aus den Kommentaren im Internet zu vertreiben. Es sind Menschen aller – na ja, fast aller – politischen Hintergründe, Extremisten mal ausgenommen – und es geht nicht darum, politische Meinungen zu verbreiten, sondern eine bessere Debattenkultur im Internet.

Durch meinen Einsatz für dieses Thema bin ich es gewohnt, beschimpft zu werden – wer keine Argumente hat, der muss ja irgendwie klarkommen – es macht mir in der Regel nicht mehr viel aus. Aber seit einem Jahr merke ich eine Veränderung: die Debatten, egal, worum es geht, werden immer holzschnittartiger, es gibt nur noch schwarz und weiß. Wer differenzierte Meinungen zu bestimmten Themen hat, der wird halt von beiden Seiten beschimpft: weist man darauf hin, dass Kinder unter den Schulschließungen leiden, ist man Querdenker, verteidigt man AHA-Regeln ist man Schlafschaf – und das passiert mir immer häufiger. Wer differenziert schreibt gehört auf jeden Fall zu den Gegnern und wird beschimpft, so oder so.

Wenn ich im Kommunionunterricht mit den Kindern über den Friedensgruß sprach, habe ich immer erklärt, dass man sich dabei in die Augen sehen muss, wenn der Friede überspringen soll – jetzt, wo man sich die Hand nicht mehr geben kann, gilt das noch mehr. Und das kommt mir bei der ganzen Diskussion in den Sinn: wenn wir kommentieren, schreiben wir dann etwas, was wir auch so sagen würden, wenn wir der oder dem anderen dabei in die Augen schauen müssten? Ist das ein reines Internetproblem oder spielt sich das auch im realen Leben ab? Was geht da in uns vor?

Wenn wir der oder dem anderen in die Augen schauen und genau zuhören, so scheint mir, wird das Gespräch in der Regel sachlicher. Weil man den oder die andere wahrnimmt und das, was sie oder er sagt. Im realen Leben kann man das ausprobieren. Fürs Internet bleibt, es sich vorzustellen. Vielleicht hilft das, genauer zu lesen, was der oder die andere meint und Zwischentöne zu erkennen. Debatte heißt: zuhören und antworten auf das, was mein Gegenüber sagt. Und nicht: Ende der Debatte, Holzhammer, nur ich hab recht und Du bist doof.

Ich würde mir wünschen, dass wieder hinkriegen. Weil ich sonst Angst habe vor dem, was bleibt, wenn dieser ganze Mist vorbei ist.

Denkt mal drüber nach und bleibt gesund – und debattiert ruhig mit mir 😉

Ostern 2021

Licht und Schatten
Rassismus greift um sich,
verdeckt und ganz offen
Einer stellt sich dem entgegen
Erkenntnis ist der erste Schritt
durch Dunkelheit zum Licht
Durch Deine Auferstehung führe uns zum Leben

Nur schwarz und weiß
Fronten verhärten
Freundschaften zerbrechen
Einer streckt die Hand aus
Erkenntnis ist der erste Schritt
durch Dunkelheit zum Licht
Durch Deine Auferstehung führe uns zum Leben

Dunkelheit rundum
kein Aushalten mehr
Ehen und Familien zerbrechen
Einer vermittelt
Erkenntnis ist der erste Schritt
durch Dunkelheit zum Licht
Durch Deine Auferstehung führe uns zum Leben

Kein Licht am Ende des Tunnels
geschlossene Grenzen
Menschen flüchten und scheitern
Einer öffnet die Türe
Erkenntnis ist der erste Schritt
durch Dunkelheit zum Licht
Durch Deine Auferstehung führe uns zum Leben

Durchs Dunkel zum Licht
Kreuz und Auferstehung
Ohnmacht und Macht
Einer hat die Finsternis überwunden
Erkenntnis ist der erste Schritt
Christus ist wahrhaft auferstanden
Durch Deine Auferstehung führe uns zum Leben

Hoffnung

Für eine von mir mitbetreute Facebookgruppe, in der es darum geht, sich in diesen Zeiten gegenseitig zu helfen, wurde ich gebeten, nach dem Ergebnis der Ministerkonferenz etwas aufmunterndes zu schreiben, vielleicht mit Blick auf die Bibel.
Ich habe den Stab mal aufgenommen – auch, um meine eigenen Gedanken zu sortieren. Ich bin und war wütend, wütend auf die Regierung, wütend auf Politiker, die solche Katastrophen wie Kassel zulassen und denen nichts anderes einfällt als eine Notbremse zu ziehen, die den Namen nicht verdient, da sie eine Kollision nicht verhindern wird: Notbremsen zieht man sofort, meinetwegen mit kurzem Vorlauf, aber nicht erst in anderthalb Wochen.

Und dann kommt mir jemand mit der Bibel…

Ich habe also versucht, runterzukommen. Und lande dann bei drei Texten, die mir persönlich was bedeuten. Das eine ist, etwas verfrüht, ein Auferstehungsevangelium: „Maria aber stand draußen vor dem Grab und weinte. (…)“ (Joh 20,11ff) Hoffnungslosigkeit pur. Keine Aussicht auf irgendwas. Schon der Tod Jesu lässt alle Träume enden, und nun, als sie ihm die letzten Dienste tun will, ist der Leichnam auch noch gestohlen. Und dann kommt es völlig anders, als sie es sich auch nur geträumt hätte:

Als sie das gesagt hatte, wandte sie sich um und sah Jesus dastehen, wusste aber nicht, dass es Jesus war. Jesus sagte zu ihr: Frau, warum weinst du? Wen suchst du?Sie meinte, es sei der Gärtner, und sagte zu ihm: Herr, wenn du ihn weggebracht hast, sag mir, wohin du ihn gelegt hast. Dann will ich ihn holen. Jesus sagte zu ihr: Maria! Da wandte sie sich ihm zu und sagte auf hebräisch zu ihm: Rabbuni!, das heißt: Meister.“

Aus der tiefsten Hoffnungslosigkeit wird sie herausgeholt. Und ich denke, dass kennen wir auch in unserem Leben: wenn es total finster aussieht, und wir nicht mehr ein und aus wissen, dann kommt oft irgendwo ein Lichtlein her, dass zwar nicht unbedingt alles wieder ins rechte Lot setzt, dass uns aber doch wenigstens die Hoffnung zurückgibt. Und ja, ich weiß, wovon ich rede, diese totale Finsternis habe ich in meinem Leben selbst schon erlebt.

Die zweite Stelle, die mir einfällt, ist der Gang der Jünger nach Emmaus: auch da totale Hoffnungslosigkeit, auch da ein Erkennen.

Und dann, das war mein erster Gedanke: Psalm 23 „Der Herr ist mein Hirt, nichts wird mir fehlen. Er lässt mich lagern auf grünen Auen und führt mich zum Ruheplatz am Wasser. Meine Lebenskraft bringt er zurück. Er führt mich auf Pfaden der Gerechtigkeit, getreu seinem Namen. Auch wenn ich gehe im finsteren Tal, ich fürchte kein Unheil; denn du bist bei mir, dein Stock und dein Stab, sie trösten mich. Du deckst mir den Tisch vor den Augen meiner Feinde. Du hast mein Haupt mit Öl gesalbt, übervoll ist mein Becher. Ja, Güte und Huld werden mir folgen mein Leben lang und heimkehren werde ich ins Haus des Herrn für lange Zeiten.“

Wenn wir uns also abgeregt haben, wenn wir neu schauen, wie es weitergehen kann, dann denke ich, wird sie auch wieder erscheinen, die Hoffnung:

Hoffnung
Im Dunkel ahnt man es doch
Das Licht wird kommen
Es bricht sich Bahn
Durch die Finsternis der Nacht
Durch die Nebel der Hoffnungslosigkeit
Durch die Wolken der Angst
Auf einmal bricht es sich Bahn
Ein Strahl nur oder mehr
Ein winziges Wolkenloch
Die Sonne ist da
Auch wenn sie verdeckt ist
Man ahnt es doch
Das Licht wird kommen

Mehr kann ich Euch heute nicht geben. Mehr habe ich selbst nicht.

Gedanken zum Valentinstag

Was ist Liebe? Schon Paulus hat darüber nachgedacht und ist zu dem Schluss gekommen, dass ohne Liebe alles nichts ist:

1 Kor 13,4-7: Die Liebe ist langmütig, die Liebe ist gütig. Sie ereifert sich nicht, sie prahlt nicht, sie bläht sich nicht auf. 5 Sie handelt nicht ungehörig, sucht nicht ihren Vorteil, lässt sich nicht zum Zorn reizen, trägt das Böse nicht nach. 6 Sie freut sich nicht über das Unrecht, sondern freut sich an der Wahrheit. 7 Sie erträgt alles, glaubt alles, hofft alles, hält allem stand. 8 Die Liebe hört niemals auf.

Der Schweizer Pfarrer und Dichter Kurt Marti (1921 – 2017), der uns so viele wunderbare Gedichte und Erkenntnisse geschenkt hat, meinte einmal: „Wüßte man, was Liebe ist, gäb’s weder Religion noch Dichtung.“ Da ist was Wahres dran. Was genau Liebe ist, weiß niemand so richtig.

Warum liebe ich meinen Mann? Die Frage kann ich nicht beantworten. Liebe ich ihn? Da sage ich bedingungslos ja. Warum bin ich mir da so sicher? Tja, auch das wieder so eine Frage, die ich nicht beantworten kann. Ist es vielleicht, weil auch er mich liebt? Würde meine Liebe aufhören, wenn er mich nicht mehr lieben würde? Was ist mit den Kindern? Den Geschwistern, den Eltern?

Was genau bedeutet das: ich liebe Dich? Auch das eine Frage, die ich nicht beantworten kann. Ich weiß, dass es verschiedene Arten der Liebe gibt:

die Liebe zu Eltern und Geschwistern bekommt man in die Wiege gelegt, und sie existiert sogar da, wo man sich zerstreitet, jedenfalls, wenn es in der Kindheit halbwegs läuft. Sogar misshandelte und mißbrauchte Kinder lieben ihre Eltern, es ist also keine Liebe, die an irgendwelchen äußerlichen Faktoren festzumachen ist.  Die Liebe zu den eigenen Kindern? Bei manchen ist sie sofort da, bei manchen entwickelt sie sich im Laufe der ersten Zeit, aber im Normalfall existiert sie, sie ist lebensnotwendig für das neugeborene Kind. Auch eine Liebe, die auch Streit und sogar Hass überdauern kann. Liebe, sozusagen biologisch begründet.

Die Liebe zum Partner ist eine völlig andere: man lernt jemanden kennen, und weil es irgendwie passt, gibt man sich miteinander ab und mit viel Glück wird aus der ersten Verliebtheit die große Liebe, die man dann aber pflegen muss, damit sie nicht erkaltet, es ist hier als eine andere Liebe als die zu biologisch Verwandten. Ähnlich gelagert ist die Liebe zu Freund:innen: sie kann genauso tief und wertvoll sein, auch sie will gepflegt werden, auch sie ist biologisch nicht begründbar.

Und dann gibt es noch die allgemeine Liebe zum Nächsten und Fernsten, die zum Mitmenschen. Die muss man lernen, die klappt auch nicht immer, es ist viel Arbeit nötig, dorthin zu kommen.

Mein Mann würde nun sagen: Liebe ist Chemie. Und ja, es laufen chemische Prozesse in unserem Körper ab, wenn wir lieben – aber das kann es nicht sein. „…und hätte aber die Liebe nicht…“ sagt Paulus, und ja, er hat recht: Liebe ist das, was unser Leben lebenswert macht.

Oder, frei nach Reinhard Mey: „Liebe ist alles, Liebe ist mehr“

Gestehen wir uns zu, zu lieben. Ohne Liebe ist alles nichts.

Tägliche Impulse zur Fastenzeit.

Trotz Corona gemeinsam unterwegs

Mit dem Aschermittwoch fängt die Fastenzeit an. 40 Tage: so lange fastete Jesus in der Wüste, so lange war Mose auf dem Berg Sinai, so lange wanderte Elija zum Berg Horem. 40 Jahre wanderte das Volk Israel durch die Wüste. 40 Tage lang bereitet die Kirche, bereiten die Gläubigen sich auf das Osterfest vor: sie machen sich auf den Weg zum Osterfest.

Dieser Weg ist nicht immer für jeden so klar und einfach vorgegeben. Überhaupt sind Lebenswege verschieden.

Die Fastenzeit könnte ein Anlass sein, den eigenen Lebensweg zu überprüfen. Zu schauen, ob die Richtung noch stimmt. Ob das Ziel noch vor Augen liegt. Vielleicht muss man nachjustieren, vielleicht auch mal die Richtung ändern oder umkehren.

Ich lade sie und Euch ein, sich gemeinsam auf den Weg zu machen zum Osterfest. Mit einen kleinem Impuls zu einem Wort, einem Satz, einen Abschnitt aus den Tagestexten:
Ihr findet sie hier:
https://st-michael-krefeld.bistumac.de/aktuell/nachrichten/a-blog/Trotz-Corona-gemeinsam-unterwegs/
Oder hier:
https://www.bistum-aachen.de/Frauenseelsorge/aktuell/nachrichten/nachricht/Trotz-Corona-gemeinsam-unterwegs/

Wer möchte kann sie auch per Mail bekommen: da brauche ich dann einen Hinweis und eine Adresse.

Gehen wir gemeinsam los und überprüfen unseren Lebensweg.

Coronablues am Rhein

Gestern stand ich am Ufer des steigenden Rheins. Und schaute so auf die gewaltigen Fluten. Und da kam mir folgender Gedanke:

Seit 30 Millionen Jahren fließt dieser Fluss Richtung Nordsee. Er hat seinen Verlauf mehrfach geändert, sein Aussehen, seine Länge, seine Wassermenge – aber er war immer da. Von den Kelten wurde er als Vater Rhein verehrt – die Bezeichnung hat sich bis heute gehalten. Der Name Rhein kommt wohl schlicht und ergreifend von fließen – und geht auf eine indogermanische Wurzel zurück, aus der sich auch das altgriechische Wort ῥέω [reo] (fließen), das lateinische Wort rivus (Fluss) und heutige Worte wie river und rio entwickelten, auch das deutsche Wort rinnen kommt wohl daher.

Der Rhein war also immer „der Fluss“. Er war ein Anlass für romantische Dichtungen und auch schon früh Touristenmagnet, zu einer Zeit, als es Touristen noch gar nicht gab.

Der Rhein war immer schon Transportstraße, er hat Menschen miteinander verbunden und auch dafür gesorgt, dass das Rheinland bunt und multikulturell wurde. Echte Rheinländer:innen haben eine buntschillernde Ahnenreihe – deshalb galt das Rheinland lange auch als sehr tolerant, Köln zumindest ist es bis heute, Krefeld nahm als religionsfreie Stadt Menschen aus aller Herren Länder auf, die wegen ihrer Religion verfolgt wurden, und die Vergangenheit war genauso bunt, wie es hoffentlich die Zukunft ist.

Der Rhein hat Menschen miteinander verbunden, aber auch voneinander getrennt: ihn zu überqueren war nicht leicht, und Brücken wurden immer mal wieder vom Hochwasser mitgerissen oder vom Feind zerstört – wie schwierig dieser Brückenbau bis heute ist, kann man an den verschiedenen Autobahnen erkennen – kaum eine Rheinbrücke, die noch in absolut Ordnung ist, jedenfalls von Koblenz aus rheinabwärts.

Der Rhein gab auch Nahrung, bis in die fünfziger Jahre des letzten Jahrhunderts hinein gab es Fischfang an seinen Gestaden – und jetzt, Gott sei Dank, ist er auch wieder Lebensraum für Fische geworden.

Er kann grausam sein: wenn er sein Bett verlässt, reißt er gerne mal alles mit, was ihm im Weg steht – und er kann lieblich dahinplätschern. Vor zwei Jahren war er so niedrig wie nie, die Mahnung an uns, endlich zu erkennen, wie wir mit unserer Erde umgehen, ein Zeichen von unendlicher Trockenheit.

Aber eins blieb immer gleich: der Rhein floss und fließt dahin, mal langsam, mal wild und schnell, völlig unbeeindruckt von dem, was um ihn rum passiert. Wenn der Weg verbaut wurde wie z.B. durch die Vulkane der Eifel, dann suchte er halt einen anderen. Wenn man ihm den Platz nahm, in dem man versuchte, ihn zu kanalisieren, dann nahm er ihn sich halt.

Was das mit uns zu tun hat: vielleicht gucken wir uns etwas davon ab. Vielleicht versuchen wir, weniger auf das zu achten, was uns stört, sondern konzentrieren uns aufs Wesentliche: auf den Lebensfluss. Die Welt wandelt sich, Gutes passiert, Schlimmes passiert – und wir leben weiter, Tag für Tag, Schritt für Schritt. Versuchen wir, das mit der Ruhe dieses Flusses zu tun, nicht träge, nicht im Stillstand, fließend, aber den Blick aufs Ziel gerichtet. Und vielleicht erkennen wir dann, wo der Weg gangbar wird für uns.