Weihnachten 2023

Engel verkünden
den Frieden auf Erden

Zu viele Migranten in Deutschland

Zu viele Muslime

zu viele Ungelernte

zu viele Arme

zu viele Obdachlose

zu viele Drogenabhängige

zu viele faule und Arbeitsscheue

Sie stören

Sie kosten

Wir wollen sie nicht

Sie stören unseren Frieden

Engel verkünden
Den Frieden auf Erden

Bomben im Heiligen Land

Bomben in der Ukraine

In kurdischen Gegenden

Überall auf der Welt

Hungersnöte

Flüchtende

Seuchen

Menschen sterben

Engel verkünden
Den Frieden auf Erden

Es ist der Friede Gottes

Er gedeiht,

wo wir uns zurücknehmen

wo wir ihn verbreiten

wo wir helfen

wo wir uns Hass und Hetze entgegenstellen

wo wir den anderen in die Augen schauen.

Engel verkünden
Den Frieden auf Erden

Wenn wir ihn in die Welt tragen

Da, wo wir sind

Da, wo wir leben

Und darüber hinaus.

Zuversicht

Es sind wirklich Zeiten, in denen man jeden Mut verlieren könnte: der Klimawandel und die teilweise unverständlichen Reaktionen auch der Politiker auf eigentlich wissenschaftlich ziemlich deutlich und klar vorgegebene Notwendigkeiten. Der Krieg in der Ukraine und seit gestern der in Israel. Das Erstarken der Rechten in Deutschland. Die Wiederkehr des einst Unsagbaren. Konzentration auf Nebenschauplätze wie das Gendern. Die Behauptung, man dürfe nichts mehr sagen, wir lebten in einer Diktatur – laut ausgesprochen, ohne Konsequenzen (weil man es halt doch sagen darf). Politiker aus Volksparteien, die einfach mal Plattitüden raushauen, die der Überprüfung nicht standhalten: weil sie glauben, dass es sie wählbarer macht. Eine Kirche mit Bischöfen, die immer noch nicht verstanden haben, dass es notwendig wäre, den tausendfachen Missbrauch aufzuklären und Strukturen zu ändern, damit es in Zukunft anders läuft: Präventionsveranstaltungen allein sind sicher ein guter Schritt, aber es reicht eben nicht.

An allen Ecken brennt es – und ich bin mittendrin. Und oft denke ich: was kann ich denn tun? Wir sind in der Situation unserer Vorfahren vor 1933, las ich irgendwo, jetzt müssen wir uns an dem „warum habt ihr nichts gemacht“ messen lassen, was wir ihnen vorgeworfen haben. Ja, so geht es mir in vieler Hinsicht: ich stehe fassungslos vor dem, was um mich rum passiert, wie Politiker bestenfalls ungeschickt agieren, wie Menschen, die ich zu kennen glaubte, dem Populismus auf den Leim gehen – und dann einer Diskussion gegenüber abblocken, selbst wenn man beweist, dass alles anders ist, hätte es aber doch so sein können.

Was kann ich tun? Kann ich überhaupt etwas tun? Macht es irgendeinen Unterschied, ob ich schweige, rede und schreibe oder auf der einen oder anderen Demo zu finden bin? Hilft es der Ukraine, wenn wir jeden Freitag am Rathaus stehen und schweigen für den Frieden, solidarisch mit allen Kriegsopfern dieser Welt? Welche Antwort habe ich auf die Frage: was macht Ihr, wenn der Ukrainekrieg zu Ende ist? Steht Ihr weiter da? Was soll Euer Schweigen bringen?

Und dann sehe ich die Menschen, wie sie auf uns reagieren, eine Mutter, die ihrem Kind erklärt, „die stehen da, damit wir nicht vergessen, dass es immer noch Krieg gibt in der Ukraine“, Menschen, die uns beifällig zunicken, aber auch andere, die meinen, sie müssten sich die Zeit nehmen, uns zu beschimpfen, und denke: doch, es macht einen Unterschied: das Thema existiert einmal mehr in den Köpfen.

Und manchmal bekomme ich im Internet Rückmeldungen zu meinen Gedanken hin bis: „so habe ich das noch nie gesehen“ oder: „die Quelle kannte ich noch nicht, danke dafür“, von Menschen, die noch nicht eingerastet sind, die an Austausch interessiert sind, die wirklich selber denken wollen.

Und dann gibt es ja noch mein persönliches Umfeld. Ich kann dafür sorgen, dass es anderen Menschen besser geht und damit einen Schneeballeffekt auslösen – manchmal reicht bereits ein Lächeln, ein Zuhören, der Trost einer Trauerfeier.

Morgen mache ich mich auf den Weg nach Münster, Kirchenrecht zu studieren. Ich weiß nicht, ob das von Erfolg gekrönt sein wird, aber ich will es versuchen, um auch innerhalb der Kirche neue Möglichkeiten zu haben, das Leben für Menschen besser zu machen.

Zuversicht habe ich das hier überschrieben, und zuversichtlich will ich bleiben: mancher Weg findet sich erst beim Gehen, aber er findet sich. Und ich kann meinen Teil dazu beitragen, dass diese Welt ein freundlicherer Ort bleibt. Ob das reicht, weiß ich nicht. Aber ich bin zuversichtlich, dass es einen Unterschied macht. Und deshalb gebe ich nicht auf, sondern gehe weiter, auf wohlvertrauten und auf neuen Wegen.