Aktiv werden gegen die negative Stimmung im Land

Jetzt ist das neue Jahr schon eine Woche alt. Noch sind nicht alle Neujahrsempfänge gehalten, noch nicht alle Rückblicke durch: aber wir sind schon drin, in dem Jahr, und mir scheint, die schlechten Nachrichten hören auch jetzt nicht auf, im Gegenteil. Entsprechend aufgeheizt scheint die Stimmung allerorten. Man fühlt sich hilflos, entsetzt, sprachlos.

Und dennoch glaube ich: jede und jeder von uns kann was tun, damit die Stimmung ins positive kippt. Wir können den schlechten Nachrichten die guten entgegensetzen, die es auch gibt, die aber untergehen im Geschrei. Das ist mein Vorsatz für das neue Jahr: auf das Gute schauen und die guten Nachrichten weiterverbreiten. Nicht nur im Netz, auch privat, überall, wo ich gerade bin. Die kleinen aus dem privaten Umfeld genauso wie die aus der weiten Welt. Man muss aufmerksam schauen, wenn man das Gute entdecken will: aber es geht. Und mein zweiter Vorsatz ist noch einfacher umzusetzen, man muss nur dran denken: Danke sagen, wenn jemand besonders freundlich ist, wenn einem durch ein Lächeln das Leben verschönt wird. Wenn z.B. die Arzthelferin im größten Chaos der überfüllten Praxis mit meckernden Patienten freundlich und ruhig bleibt – dann sage ich es ihr. Denn negative Kritik bekommt sie genug, das Gute wird viel zu selten gesagt. Solche Situationen gibt es täglich: positive Resonanz verschönert das Leben – und wessen Leben verschönert wird, dessen Stimmung ist besser, und er oder sie ist dann empfänglicher dafür, das Gute zu entdecken. Und das dritte ist noch leichter: lächelnd durch die Gegend gehen. Probiert es aus: Menschen, die man anlächelt, die man vielleicht lächelnd grüßt, z.B. wenn man sich im Zug zu ihnen setzt, die lächeln in der Regel zurück, manchmal überrascht, erstaunt, aber fast immer funktioniert es. Und wer lächelt, dessen Leben ist in diesem Augenblick schöner geworden, leichter: man merkt es an sich selber, wenn man lächelt, ändert sich die Stimmung.
Also lasst uns das tun: die Stimmung in der Gesellschaft ins positive kippen. Jeder und jede von uns kann dabei helfen.

Katastrophenjahr sagt man

Das neue wird nicht besser sagt man

So kann man es sehen

Man kann aber auch anders

Rückblicken auf das Gute

Seenotretter retten 118 Menschen am Heiligen Abend

Palästinenser verstecken Juden vor der Hamas

Russische Soldaten weigern sich und desertieren

Menschen helfen Menschen

In Kriegs- und Katastrophengebieten

Der Anteil an regenerativem Strom wächst

Rückblicken auf das Gute

Den jungen Mann im Zug, der spontan hilft trotz Sprachbarriere

Die junge Frau, die ihre Hilfe anbietet an der Rolltreppe

Den Briefträger, der nach dem langersehnten Brief sucht

Die Radfahrerin, die sich bedankt, wenn man zur Seite geht

Wir können die Krisen der Welt nicht lösen

Wir können aber die Sicht ändern

Die Erzählung des Guten verbreiten

Danke sagen, wo es gut war

Statt beschweren über das negative

Menschen anlächeln und positive Stimmung verbreiten

Liebe einsetzen gegen Hass und Hetze

Dann kann das neue Jahr besser werden

Wir haben es in der Hand.

Weihnachten 2023

Engel verkünden
den Frieden auf Erden

Zu viele Migranten in Deutschland

Zu viele Muslime

zu viele Ungelernte

zu viele Arme

zu viele Obdachlose

zu viele Drogenabhängige

zu viele faule und Arbeitsscheue

Sie stören

Sie kosten

Wir wollen sie nicht

Sie stören unseren Frieden

Engel verkünden
Den Frieden auf Erden

Bomben im Heiligen Land

Bomben in der Ukraine

In kurdischen Gegenden

Überall auf der Welt

Hungersnöte

Flüchtende

Seuchen

Menschen sterben

Engel verkünden
Den Frieden auf Erden

Es ist der Friede Gottes

Er gedeiht,

wo wir uns zurücknehmen

wo wir ihn verbreiten

wo wir helfen

wo wir uns Hass und Hetze entgegenstellen

wo wir den anderen in die Augen schauen.

Engel verkünden
Den Frieden auf Erden

Wenn wir ihn in die Welt tragen

Da, wo wir sind

Da, wo wir leben

Und darüber hinaus.

Zuversicht

Es sind wirklich Zeiten, in denen man jeden Mut verlieren könnte: der Klimawandel und die teilweise unverständlichen Reaktionen auch der Politiker auf eigentlich wissenschaftlich ziemlich deutlich und klar vorgegebene Notwendigkeiten. Der Krieg in der Ukraine und seit gestern der in Israel. Das Erstarken der Rechten in Deutschland. Die Wiederkehr des einst Unsagbaren. Konzentration auf Nebenschauplätze wie das Gendern. Die Behauptung, man dürfe nichts mehr sagen, wir lebten in einer Diktatur – laut ausgesprochen, ohne Konsequenzen (weil man es halt doch sagen darf). Politiker aus Volksparteien, die einfach mal Plattitüden raushauen, die der Überprüfung nicht standhalten: weil sie glauben, dass es sie wählbarer macht. Eine Kirche mit Bischöfen, die immer noch nicht verstanden haben, dass es notwendig wäre, den tausendfachen Missbrauch aufzuklären und Strukturen zu ändern, damit es in Zukunft anders läuft: Präventionsveranstaltungen allein sind sicher ein guter Schritt, aber es reicht eben nicht.

An allen Ecken brennt es – und ich bin mittendrin. Und oft denke ich: was kann ich denn tun? Wir sind in der Situation unserer Vorfahren vor 1933, las ich irgendwo, jetzt müssen wir uns an dem „warum habt ihr nichts gemacht“ messen lassen, was wir ihnen vorgeworfen haben. Ja, so geht es mir in vieler Hinsicht: ich stehe fassungslos vor dem, was um mich rum passiert, wie Politiker bestenfalls ungeschickt agieren, wie Menschen, die ich zu kennen glaubte, dem Populismus auf den Leim gehen – und dann einer Diskussion gegenüber abblocken, selbst wenn man beweist, dass alles anders ist, hätte es aber doch so sein können.

Was kann ich tun? Kann ich überhaupt etwas tun? Macht es irgendeinen Unterschied, ob ich schweige, rede und schreibe oder auf der einen oder anderen Demo zu finden bin? Hilft es der Ukraine, wenn wir jeden Freitag am Rathaus stehen und schweigen für den Frieden, solidarisch mit allen Kriegsopfern dieser Welt? Welche Antwort habe ich auf die Frage: was macht Ihr, wenn der Ukrainekrieg zu Ende ist? Steht Ihr weiter da? Was soll Euer Schweigen bringen?

Und dann sehe ich die Menschen, wie sie auf uns reagieren, eine Mutter, die ihrem Kind erklärt, „die stehen da, damit wir nicht vergessen, dass es immer noch Krieg gibt in der Ukraine“, Menschen, die uns beifällig zunicken, aber auch andere, die meinen, sie müssten sich die Zeit nehmen, uns zu beschimpfen, und denke: doch, es macht einen Unterschied: das Thema existiert einmal mehr in den Köpfen.

Und manchmal bekomme ich im Internet Rückmeldungen zu meinen Gedanken hin bis: „so habe ich das noch nie gesehen“ oder: „die Quelle kannte ich noch nicht, danke dafür“, von Menschen, die noch nicht eingerastet sind, die an Austausch interessiert sind, die wirklich selber denken wollen.

Und dann gibt es ja noch mein persönliches Umfeld. Ich kann dafür sorgen, dass es anderen Menschen besser geht und damit einen Schneeballeffekt auslösen – manchmal reicht bereits ein Lächeln, ein Zuhören, der Trost einer Trauerfeier.

Morgen mache ich mich auf den Weg nach Münster, Kirchenrecht zu studieren. Ich weiß nicht, ob das von Erfolg gekrönt sein wird, aber ich will es versuchen, um auch innerhalb der Kirche neue Möglichkeiten zu haben, das Leben für Menschen besser zu machen.

Zuversicht habe ich das hier überschrieben, und zuversichtlich will ich bleiben: mancher Weg findet sich erst beim Gehen, aber er findet sich. Und ich kann meinen Teil dazu beitragen, dass diese Welt ein freundlicherer Ort bleibt. Ob das reicht, weiß ich nicht. Aber ich bin zuversichtlich, dass es einen Unterschied macht. Und deshalb gebe ich nicht auf, sondern gehe weiter, auf wohlvertrauten und auf neuen Wegen.  

Am Meer

Ich stehe am Meer
Die Wellen schlagen
unermüdlich an den Strand
Seit ewigen Zeiten
Solange der Strand existiert
Sie werden es weiter tun

Ich schaue in unendliche Weite
Gewaltig, gefährlich, berauschend, schön
Das Jahr ist noch jung
Wie wird es sein?
Gewaltig, gefährlich, berauschend, schön?

Leid und Elend
verschwinden nicht
man kann eh nix tun
der Pessimist sieht nur das Zerstörerische
und legt die Hände in den Schoß
versucht sich zu verstecken
zu entrinnen
rennt weg
sieht nicht die Momente
des Glücks und der Schönheit

Mit dem Blick auf die Wellen,
das jahrtausendealte ewige Ritual
beschließe ich
obwohl es eigentlich keinen Anlass gibt
nicht pessimistisch zu sein

Wie die Maus Frederik
will ich dieses Jahr sammeln:
Kleine Bilder der Freude
Kleine Momente des Glücks
Kleine Momente der Menschlichkeit

Von ihnen will ich mich nähren
mich und die anderen
damit wir stark werden
in die Hand nehmen
verändern
die Hoffnung nicht verlieren

Ich stehe am Meer
Die Wellen schlagen
unermüdlich an den Strand
Seit ewigen Zeiten
Solange der Strand existiert
Sie werden es weiter tun

Wenn man genau hinschaut
sieht man es glitzern
Das Meer
Und das Leben.
























Jahreswende 2022/23

Wieder geht ein Jahr vorbei. Wir haben es aufgegeben, so Phrasen wie „es kann nur besser werden“ von uns zu geben: Corona, Kriege, Hungersnöte und Klimakrise belehren uns eines Besseren: es geht immer noch schlechter.

Und wir blicken zurück und sehen nur Katastrophen, persönliche möglicherweise, aber auch weltweit. Ich könnte mich jetzt diesem Reigen anschließen: es flösse mir leicht aus der Feder.

Aber ist das die richtige Sichtweise? Führt das nicht eher zu Resignation und zu einem „ich kann doch eh nix ändern“?

„Wieso stellt Ihr Euch jeden Freitag auf den Rathausplatz und schweigt für den Frieden? Schweigen ist einfach und bringt genau nix, tut doch lieber was“ – so oder so ähnlich hören wir durchaus häufiger. Ja, man kann es so sehen. Wir sehen es anders: in unserer Hilflosigkeit ist es eine Möglichkeit, sich solidarisch zu zeigen. Es ist ein Weg, darauf hinzuweisen, dass es diesen (und andere) Krieg gibt und dass es uns durchaus etwas angeht. Inzwischen sind es neben uns beiden Organisatoren weitere 5 Menschen äußerst regelmäßig, andere kommen sporadisch dazu. Viele Menschen, die uns sehen, finden gut, was wir tun: sogar die Jugendlichen, die sich dort auf der Bank treffen, haben immer einen Daumen hoch für uns. Das heißt jetzt ja nicht, dass wir uns im Schweigen verlieren. Das heißt aber, dass es Möglichkeiten gibt, Hoffnung und Solidarität zu verkünden, auch dann, wenn alles aussichtslos erscheint.

Wenn man auf das vergangene Jahr blickt, dann sieht man neben dem Schrecken des Krieges ungeheuer viele Menschen, die sich engagieren. Die den Geflüchteten helfen. Die ins Kriegsgebiet fahren, um Hilfe zu bringen. Bereits am Samstag nach Kriegsausbruch fuhr der erste Transport von action medeor Richtung Ukraine – während einer Friedensdemo vor dem Rathaus in Tönisvorst, wo die Organisation ihren Sitz hatte und an der ihr Präsident teilnahm. Eine Welle von Hilfsbereitschaft wurde freigesetzt, das ist die gute Nachricht neben all den Schlechten.

Der Hunger in der Welt nimmt wieder zu. Das ist eine erschreckende Nachricht. Aber im Dezember hat WDR 2 mit seiner Glashausaktion auf dem Dortmunder Weihnachtsmarkt in 5 Tagen über 7 Millionen Euro an Spenden gesammelt, um den Hunger der Welt insbesondere der Kinder zu lindern: viele Menschen haben Aktionen gestartet, um dies zu unterstützen, Kinder haben ihr ganzes Taschengeld gegeben: eine Emphatiewelle, die ihresgleichen sucht.

Der Klimawandel schreitet voran und erhitzt die Gemüter. Aber immer mehr Menschen, abseits des großen Geschreis, versuchen, dass Ihre beizutragen: manche, die mit dem 9 Euro-Ticket den ÖPNV ausprobiert haben, fahren trotz der höheren Kosten weiter öffentlich zur Arbeit. Andere versuchen, sich von Gas und anderen fossilen Energieträgern möglichst unabhängig zu machen. Wieder andere schränken ihren Fleischkonsum drastisch ein und steigen überwiegend oder gleich ganz auf ein vegetarisches oder veganes Leben um. Sie haben festgestellt, dass man auch bei einer Temperatur von 19 oder 20 Grad in Wohnung und/oder Büro nicht erfriert. Beim Einkaufen achten sie auf Lieferketten, Nachhaltigkeit und Transportwege. Auch da kann man positive Ansätze erkennen.

Für mich persönlich gab es eine Menge Gutes in diesem Jahr, wenn ich genau hinschaue: Das Jahr begann am Meer – ein Traum ging für mich in Erfüllung. Zwar gibt mir die Kirche immer weniger Grund, zu bleiben oder gar in ihr aktiv zu sein, dennoch habe ich nun gefunden, wie mein Weg mit dieser Kirche weitergehen kann: Als Kirchenrechtlerin, als Anwältin innerhalb der Kirche im Arbeitsrecht und vor allem an der Seite der Missbrauchsopfer – deshalb habe ich entschieden, ab dem Wintersemester 2023/24 nach Münster zu wechseln, um dort die notwendige Qualifikation zu erhalten.

Auch in unserer Familie gab es einige wunderschöne Ereignisse und Feste. Wir hatten schöne Ausflüge und Urlaube, wenn auch einmal coronaeingeschränkt. Wir haben wieder entdecken dürfen, wie schön die Welt ist und wie kostbar das Leben. Es gab wundervolle Begegnungen mit alten Bekannten und Freunden, und es gab neue Bekanntschaften: die letzten drei Tage waren gefüllt damit, dass die Gastmutter unserer Jüngsten, bei der sie vor 11 Jahren gewohnt hat, zu Besuch kam: es war sehr bereichernd.

Ja, klar, es war und ist auch bei uns nicht alles gut. Aber ich glaube, es ist wichtig, anders hinzugucken: wenn ich mich verliere in dem, was schiefläuft, dann sehe ich das andere nicht mehr, das Schöne. Wenn ich über die Dunkelheit der Nacht weine, vergesse ich, dass die Sonne auch morgen wieder aufgeht. Und irgendwann gebe ich auf. Blicke ich dagegen auf das, was gut ist, auf die Begegnungen, auf die kleinen schönen Dinge, sehe ich auf die Menschen, die helfen statt auf die, die hetzen: dann ändert sich mein Blickwinkel, und das ermöglicht mir, statt zu erstarren lebendig zu sein, Hoffnung zu schöpfen und aus der Hoffnung heraus zu leben. Das Meine zu tun, damit auch andere Hoffnung schöpfen können, dazu beizutragen, dass auch andere leben können.

Das heißt nicht, die Augen vor dem Übel der Welt zu verschließen. Im Gegenteil. Es geht darum, zu sehen, dass sich leben lohnt – und sich dafür einzusetzen, dass es weitergehen kann. Wer weiß? Wenn wir das ausstrahlen, werden wir mehr und, möglicherweise, wie bei dem Weihnachtswunder des WDR werden wir tatsächlich Teil eines Wunders.

In diesem Sinne wünsche ich all meinen Leser*innen ein lebenswertes neues Jahr!

Weltfriedenstag 2022

heute ist der internationale Tag des Friedens, der Weltfriedenstag. Am heutigen Tag gibt es in der Welt 6 Kriege und kriegerische Konflikte mit bereits mehr als 10 000 Todesopfern, unter anderem in Afghanistan mit bisher ca 2 Millionen Toten, Myanmar mit 160 000, Äthiopien mit geschätzt bis zu einer halben Million und natürlich die Ukraine, da waren es bis Juli knapp 40 000.
14 weitere werden mit mindestens 1000 Opfern gelistet, darunter der Krieg in Syrien, der Kampf der Türkei gegen die Kurden und vieles mehr. Auch unter Beteiligung der USA, der Türkei, Russlands. Die „kleineren“ Konflikte, ungezählt, der Terror von nichtstaatlichen Organisationen z.B.

Weltfriedenstag. Besonders präsent ist uns natürlich der Ukrainekrieg, alle anderen geraten dagegen etwas in Vergessenheit: lediglich Afghanistan mag uns noch etwas näher im Gedächtnis sein, darauf richtete sich der Fokus ja im letzten Jahr. Aber überall in der Welt müssen Menschen um ihr Leben fürchten, verlieren Haus und Hof weil irgendwelche Gruppierungen und Regierungen meinen, ein Recht zu haben, Dinge gewaltsam zu regeln, sei es die vorherrschenden Regeln der Religion, sei es die Regierungsform, sei es einfach die Frage wem was gehört und wem nichts. Ganz oft spielt es eine Rolle, ob man einer Minderheit angehört, der quasi das Lebensrecht abgesprochen wird.

Heute ist Weltfriedenstag. Es gibt wohl nur wenige Menschen, die von Kriegen wirklich profitieren, und (hoffentlich) noch weniger, die aktiv Kriege herbeiwünschen oder gar vom Zaun brechen. Es gibt aber viele Menschen, die glauben, die Kriege in der Welt gingen sie nix an. Und da, wo diese Kriege Auswirkungen auf ihr Leben hat, da müsste man halt deutlich machen, dass einen dieser Krieg und die Opfer nicht interessieren. Wieder andere schlagen genau daraus Kapital, verdrehen Wahrheiten, schüren Ängste, sorgen für schlechte und aufgeheizte Stimmung.

Heute ist Weltfriedenstag. Wie kann man Frieden schaffen? Darf man Waffen liefern oder nicht? Darf man in Kriege eingreifen oder hält man sich raus? Muss die Ukraine für warme Wohnzimmer geopfert werden? Lieber rot als tot? Ist unsere Wirtschaft wichtiger als die Freiheit der Ukrainer? Oder die der Afghanen, Libyer oder was auch immer? Wichtiger als die Flüchtlinge, die versuchen, uns durch Wüsten und über das Meer zu erreichen? Ist Frieren für den Frieden ein machbares Konzept? Und ergibt es wirklich Sinn, Freitag für Freitag auf dem Rathausplatz für den Frieden zu Schweigen?

Vieles können wir, die wir nicht in irgendwelchen Regierungen, Aufsichtsräten oder Managerbüros sitzen, gar nicht beeinflussen. Aber wir können, da, wo wir stehen, durchaus für Frieden sorgen. Wir können solidarisch sein mit Kriegsopfern und mit denen, die in unserem Land unter der Krise leiden.
Wir können auf die Ungerechtigkeit der Hilfen schimpfen („Ich brauche das Geld nicht“ höre ich durchaus öfter) oder wir können es nehmen und denen geben, die es brauchen. Wir können in die Hass- und Angstspirale einsteigen oder gucken, was wir tun können, Strom und Gas zu sparen, Notstände abzufedern. Wir können wütende Reden halten oder nach versöhnlichen Argumenten und Fakten suchen. Wir können uns gegenseitig Beleidigungen an den Kopf schmeißen oder nach Wegen suchen, gemeinsam weiter zu kommen, Kompromisse zu finden, Lösungen, mit denen alle oder zumindest viele leben können.

Wir können das unsrige dazu beitragen, dass unsere Gesellschaft friedlich durch den Herbst und den Winter kommt. Wer glaubt, kann beten: mir hilft das auf der Suche nach Lösungen.

Weltfriedenstag. Auch ich kenne ihn nicht, den goldenen Weg zum Frieden in der Welt. Aber ich werde anfangen, ihn zu gehen.

Zwischen den Jahren – Betrachtungen

Rauhnächte nannte man diese Zeit früher: der Vorhang zwischen unserer Welt und der Anderswelt sei besonders dünn, so die Sage, und daher treiben Unholde sich in unserer Welt rum und treiben ihren Spaß mit den Menschen.

Zwischen den Jahren: eine Zwischenzeit, eine Anderszeit, so empfinden es sicher viele: Zeit des Rückblicks aber auch des Blickes in die Zukunft…

 „Glauben Sie wirklich Gott und an das ewige Leben“ – diese Frage stellen Angehörige von Verstorbenen gerne, wenn sie selbst kirchenfern für ihre Eltern oder andere Angehörige eine kirchliche Beerdigung wünschen – weil diese das so gewollt hätten.

Für mich immer wieder neu, darüber nachzudenken, woran ich wirklich glaube. Und ja, ich glaube, dass es irgendwie weitergeht nach dem Tod, und ich glaube auch, dass wir irgendwie verbunden bleiben mit den Menschen, die wir hier auf Erden geliebt haben. Durch die Erinnerung, durch die Liebe, die wir durch sie empfangen durften oder mit der wir sie geliebt haben. Durch ein Band, dass im Leben geknüpft wird und der Tod nicht trennen kann. Ich stelle mir gerne eine Lichtung vor, auf der anderen Seite des Flusses, wo die Menschen mit Gott zusammenleben im immerwährenden Frieden.

Und ja, ich weiß, dass das nur eine Vorstellung ist, eine Projektion meinerseits. Vielleicht ist alles ganz anders. Niemand, auch der Frömmste egal welcher Religion, weiß, was mit uns passiert, wenn wir sterben. Aber ich glaube, dass wir alle von Gott gewollt sind und daher weiterleben werden.

Ich glaube nicht an einen personalen Gott, der in die Welt eingreift, der Menschen krank macht oder gesund, der die einen sterben lässt und die anderen Leben, die einen siegen und die anderen verlieren. Aber ich glaube an ein göttliches Wesen, das Vater und Mutter gleichzeitig ist, dass uns trägt, wenn wir den Boden unter den Füßen verlieren, das bei uns ist, wenn wir Angst haben, wenn wir nicht mehr weiterwissen und uns stärkt, wenn wir in der Dunkelheit uns zu verirren drohen.

Und ich glaube, dass es unwichtig ist, ob und wie wir an Gott glauben: er glaubt an uns.

Und so wünsche ich mir und allen, die dies hier lesen, dass wir getragen in das neue Jahr gehen können und trotz aller Dunkelheit um uns her das Licht der Hoffnung erkennen.

Was ist eigentlich Hoffnung?

Worauf hoffen Sie? So fragt public forum in Heft 12/21 auf Seite 50 die Leserinnen und Leser unter dem Titel „Hoffen über die Pandemie hinaus“. Ein Satz sprang mir ins Auge: „Wann immer jemand mit der Realität überfordert war… musste eben mehr oder weniger untätig gehofft werden“ – und der stieß mir auf, habe ich doch selbst Anfang des Jahres „Hoffnungsbriefe“ verschickt an Menschen, die ich kenne, nach dem Losprinzip. Grund genug für mich also, mich dem Thema Hoffnung zu widmen.

Was ist Hoffnung eigentlich? „Hoffnung ist eine zuversichtliche innerliche Ausrichtung, gepaart mit einer positiven Erwartungs­haltung, dass etwas Wünschenswertes eintreten wird, ohne dass wirkliche Gewissheit darüber besteht. Das kann ein bestimmtes Ereignis sein, aber auch ein grundlegender Zustand wie etwa anhaltende Gesundheit oder finanzielle Absicherung. Hoffnung ist die umfassende emotionale und unter Umständen handlungsleitende Ausrichtung des Menschen auf die Zukunft. Hoffend verhält sich der Mensch optimistisch zur Zeitlichkeit seiner Existenz“ finde ich als Definition bei WikiPedia. Ah ja. Also doch etwas Positives? Oder eher eine Art Resignation?
Manche erinnern sich vielleicht an meinen Text hier vor ein paar Monaten, in dem ich versuchte, etwas Aufmunterndes zu schreiben in einer Zeit, irgendwann vor Ostern, als alles nur noch schlimmer wurde. Ich schrieb am Ende:“ Mehr kann ich Euch heute nicht geben. Mehr habe ich selbst nicht.“ Das scheint mir die Hoffnung, die die Dame aus dem Zitat gemeint hat – die Hoffnung, dass es, wider Erwarten, besser werden kann, ganz ohne konkrete Anhaltspunkte. Und für mich war es genau diese Hoffnung, die dafür gesorgt hat, dass ich nicht ganz unterging im Tal der Tränen – der Grat war schmal, ich hatte Glück, ich bin nicht abgerutscht. Eine Hoffnung, die auf nichts beruht außer dem Gefühl, dass es einfach irgendwann besser werden muss. Eine Hoffnung, die sich auf nichts gründet, auf keiner noch so vagen Gewissheit, die aber dennoch trägt.

Also mich. In meinem Leben habe ich die Erfahrung gemacht, dass so viel dran ist an dieser Liedzeile „life happens when you’re making plans“ (One Republic, Wild Life): das Leben passiert, noch während wir Pläne machen. Und nicht immer geht, bei aller Hoffnung, am Ende alles gut aus. Spätestens als mein Kind trotz all meiner, all unserer Hoffnung vor der Geburt gestorben war, wusste ich, dass das so ist. Wir alle haben wahrscheinlich den einen oder anderen Schicksalsschlag erlebt, haben gehofft und doch verloren. Haben vielleicht am Krankenbett von Freund:innen oder Verwandten gesessen, gehofft, vielleicht gebetet – aber der Tod war stärker. Wie kann jemand, der so etwas erlebt hat, noch hoffen? Im März war ich sehr nah dran an der Hoffnungslosigkeit – aber ich habe drauf vertraut, dass sie wiederkehrt, die Hoffnung. Nun ist sie wieder da, vorsichtig, aber doch ja.
Was ist also Hoffnung? Die Hoffnung stirbt zuletzt, wird immer gesagt. Hoffnung ist das Vertrauen darauf, dass nicht alles vorbei ist. Das Vertrauen darauf, dass es weitergeht, vielleicht nicht so bequem, vielleicht anders, aber weiter geht.
Worauf ich hoffe: dass wir die Hoffnung nicht wieder verlieren. Dass immer zumindest ein kleine Fünkchen bleibt, kein „es hät noch immer jut jejange“, aber doch: bisher ging es immer irgendwie weiter. Eine Hoffnung, die uns nicht resignieren lässt, sondern die uns fähig macht zu Handeln und mitzuarbeiten an einer besseren Zukunft.

Hoffnung

Für eine von mir mitbetreute Facebookgruppe, in der es darum geht, sich in diesen Zeiten gegenseitig zu helfen, wurde ich gebeten, nach dem Ergebnis der Ministerkonferenz etwas aufmunterndes zu schreiben, vielleicht mit Blick auf die Bibel.
Ich habe den Stab mal aufgenommen – auch, um meine eigenen Gedanken zu sortieren. Ich bin und war wütend, wütend auf die Regierung, wütend auf Politiker, die solche Katastrophen wie Kassel zulassen und denen nichts anderes einfällt als eine Notbremse zu ziehen, die den Namen nicht verdient, da sie eine Kollision nicht verhindern wird: Notbremsen zieht man sofort, meinetwegen mit kurzem Vorlauf, aber nicht erst in anderthalb Wochen.

Und dann kommt mir jemand mit der Bibel…

Ich habe also versucht, runterzukommen. Und lande dann bei drei Texten, die mir persönlich was bedeuten. Das eine ist, etwas verfrüht, ein Auferstehungsevangelium: „Maria aber stand draußen vor dem Grab und weinte. (…)“ (Joh 20,11ff) Hoffnungslosigkeit pur. Keine Aussicht auf irgendwas. Schon der Tod Jesu lässt alle Träume enden, und nun, als sie ihm die letzten Dienste tun will, ist der Leichnam auch noch gestohlen. Und dann kommt es völlig anders, als sie es sich auch nur geträumt hätte:

Als sie das gesagt hatte, wandte sie sich um und sah Jesus dastehen, wusste aber nicht, dass es Jesus war. Jesus sagte zu ihr: Frau, warum weinst du? Wen suchst du?Sie meinte, es sei der Gärtner, und sagte zu ihm: Herr, wenn du ihn weggebracht hast, sag mir, wohin du ihn gelegt hast. Dann will ich ihn holen. Jesus sagte zu ihr: Maria! Da wandte sie sich ihm zu und sagte auf hebräisch zu ihm: Rabbuni!, das heißt: Meister.“

Aus der tiefsten Hoffnungslosigkeit wird sie herausgeholt. Und ich denke, dass kennen wir auch in unserem Leben: wenn es total finster aussieht, und wir nicht mehr ein und aus wissen, dann kommt oft irgendwo ein Lichtlein her, dass zwar nicht unbedingt alles wieder ins rechte Lot setzt, dass uns aber doch wenigstens die Hoffnung zurückgibt. Und ja, ich weiß, wovon ich rede, diese totale Finsternis habe ich in meinem Leben selbst schon erlebt.

Die zweite Stelle, die mir einfällt, ist der Gang der Jünger nach Emmaus: auch da totale Hoffnungslosigkeit, auch da ein Erkennen.

Und dann, das war mein erster Gedanke: Psalm 23 „Der Herr ist mein Hirt, nichts wird mir fehlen. Er lässt mich lagern auf grünen Auen und führt mich zum Ruheplatz am Wasser. Meine Lebenskraft bringt er zurück. Er führt mich auf Pfaden der Gerechtigkeit, getreu seinem Namen. Auch wenn ich gehe im finsteren Tal, ich fürchte kein Unheil; denn du bist bei mir, dein Stock und dein Stab, sie trösten mich. Du deckst mir den Tisch vor den Augen meiner Feinde. Du hast mein Haupt mit Öl gesalbt, übervoll ist mein Becher. Ja, Güte und Huld werden mir folgen mein Leben lang und heimkehren werde ich ins Haus des Herrn für lange Zeiten.“

Wenn wir uns also abgeregt haben, wenn wir neu schauen, wie es weitergehen kann, dann denke ich, wird sie auch wieder erscheinen, die Hoffnung:

Hoffnung
Im Dunkel ahnt man es doch
Das Licht wird kommen
Es bricht sich Bahn
Durch die Finsternis der Nacht
Durch die Nebel der Hoffnungslosigkeit
Durch die Wolken der Angst
Auf einmal bricht es sich Bahn
Ein Strahl nur oder mehr
Ein winziges Wolkenloch
Die Sonne ist da
Auch wenn sie verdeckt ist
Man ahnt es doch
Das Licht wird kommen

Mehr kann ich Euch heute nicht geben. Mehr habe ich selbst nicht.

Coronablues am Rhein

Gestern stand ich am Ufer des steigenden Rheins. Und schaute so auf die gewaltigen Fluten. Und da kam mir folgender Gedanke:

Seit 30 Millionen Jahren fließt dieser Fluss Richtung Nordsee. Er hat seinen Verlauf mehrfach geändert, sein Aussehen, seine Länge, seine Wassermenge – aber er war immer da. Von den Kelten wurde er als Vater Rhein verehrt – die Bezeichnung hat sich bis heute gehalten. Der Name Rhein kommt wohl schlicht und ergreifend von fließen – und geht auf eine indogermanische Wurzel zurück, aus der sich auch das altgriechische Wort ῥέω [reo] (fließen), das lateinische Wort rivus (Fluss) und heutige Worte wie river und rio entwickelten, auch das deutsche Wort rinnen kommt wohl daher.

Der Rhein war also immer „der Fluss“. Er war ein Anlass für romantische Dichtungen und auch schon früh Touristenmagnet, zu einer Zeit, als es Touristen noch gar nicht gab.

Der Rhein war immer schon Transportstraße, er hat Menschen miteinander verbunden und auch dafür gesorgt, dass das Rheinland bunt und multikulturell wurde. Echte Rheinländer:innen haben eine buntschillernde Ahnenreihe – deshalb galt das Rheinland lange auch als sehr tolerant, Köln zumindest ist es bis heute, Krefeld nahm als religionsfreie Stadt Menschen aus aller Herren Länder auf, die wegen ihrer Religion verfolgt wurden, und die Vergangenheit war genauso bunt, wie es hoffentlich die Zukunft ist.

Der Rhein hat Menschen miteinander verbunden, aber auch voneinander getrennt: ihn zu überqueren war nicht leicht, und Brücken wurden immer mal wieder vom Hochwasser mitgerissen oder vom Feind zerstört – wie schwierig dieser Brückenbau bis heute ist, kann man an den verschiedenen Autobahnen erkennen – kaum eine Rheinbrücke, die noch in absolut Ordnung ist, jedenfalls von Koblenz aus rheinabwärts.

Der Rhein gab auch Nahrung, bis in die fünfziger Jahre des letzten Jahrhunderts hinein gab es Fischfang an seinen Gestaden – und jetzt, Gott sei Dank, ist er auch wieder Lebensraum für Fische geworden.

Er kann grausam sein: wenn er sein Bett verlässt, reißt er gerne mal alles mit, was ihm im Weg steht – und er kann lieblich dahinplätschern. Vor zwei Jahren war er so niedrig wie nie, die Mahnung an uns, endlich zu erkennen, wie wir mit unserer Erde umgehen, ein Zeichen von unendlicher Trockenheit.

Aber eins blieb immer gleich: der Rhein floss und fließt dahin, mal langsam, mal wild und schnell, völlig unbeeindruckt von dem, was um ihn rum passiert. Wenn der Weg verbaut wurde wie z.B. durch die Vulkane der Eifel, dann suchte er halt einen anderen. Wenn man ihm den Platz nahm, in dem man versuchte, ihn zu kanalisieren, dann nahm er ihn sich halt.

Was das mit uns zu tun hat: vielleicht gucken wir uns etwas davon ab. Vielleicht versuchen wir, weniger auf das zu achten, was uns stört, sondern konzentrieren uns aufs Wesentliche: auf den Lebensfluss. Die Welt wandelt sich, Gutes passiert, Schlimmes passiert – und wir leben weiter, Tag für Tag, Schritt für Schritt. Versuchen wir, das mit der Ruhe dieses Flusses zu tun, nicht träge, nicht im Stillstand, fließend, aber den Blick aufs Ziel gerichtet. Und vielleicht erkennen wir dann, wo der Weg gangbar wird für uns.